Rezension Der Mini-Computer Raspberry Pi ist eine tolle Erfindung. Für nur 35 Euro bekommst du einen Rechner mit 512 MB RAM der gerade mal knappe 9 cm lang, 5,5 cm breit und 1,7 cm hoch ist. Zwar ist das Ganze zunächst nur eine Platine, aber durch die kompakten Maße kann man theoretisch sogar eine Zigarettenschachtel als Gehäuse benutzen. Durch seine weit gefächerte Ausstattung bietet ein Raspberry Pi geradezu endlose Anwendungsmöglichkeiten. So lässt sich das Gerät mit der Anleitung von E. F. Engelhardt sogar zu einer kompletten Digitalkamera ausbauen und für diverse andere Foto- und Video-Spielereien nutzen.

Der Raspberry Pi ist ein sehr vielseitiges Gerät. Die günstige Hardware bietet alles Nötige, um die unterschiedlichsten Projekte damit umzusetzen. So lässt sich das Gerät als kompakter Mediaplayer, als Emulator für alte Spielkonsolen, als einfacher Datenserver und für noch viele weitere Anwendungen einsetzen. Aber wer hätte gedacht, dass man einen Raspberry Pi auch zu einer vollwertigen Digitalkamera umfunktionieren kann? Mit der Anleitung von E. F. Engelhardt ist dies sogar Einsteigern möglich. Allerdings solltest du ein reges Interesse an Elektrotechnik, einige Linux-Kenntnisse und Geduld mitbringen. Denn auch wenn der Autor die einzelnen Schritte recht ausführlich beschreibt, kann es für Anfänger doch recht überwältigend sein, eigene Schaltungen zu bauen und zu verlöten oder eine eigene Firmware zu programmieren. Dennoch musst du dich davon nicht abschrecken lassen; mit der Beschreibung des Autors sind auch die schwierigeren Schritte durchaus machbar. Und letztendlich hat das ganze Tutorial einen enormen Lerneffekt; sowohl im Umgang mit dem Raspberry Pi, als auch mit Linux, Programmiersprachen, Lötwerkzeug und Elektrotechnik im Allgemeinen.

Um mit der Arbeit zu beginnen, benötigst du zunächst ein Paspberry-Pi-Kameramodul, das über ein Flachbandkabel mit dem Raspberry Pi verbunden wird, und eine Schaltung bzw. Steuerung, über die die Kamera bedient werden kann. Diese Schritte werden schon auf den ersten 20 des insgesamt 240 Seiten umfassenden Buches abgehandelt. Schon jetzt kannst du deinen Raspberry Pi nutzen, um Fotos zu machen. Aber natürlich ist das Ganze noch nicht so komfortabel wie man es gerne hätte. Noch muss die Kamera über einen Befehl in der Kommandozeile einer Linux-Konsole ausgelöst werden. Im weiteren Verlauf des Tutorials wird dir aber gezeigt, wie du dir ein eigenes Fernauslösekabel für deine neue Eigenbaukamera basteln kannst. Ab hier werden die Schritte schon weniger trivial und erfordern durchaus Konzentration und Aufmerksamkeit vom Leser.

Selbstverständlich ist oft zusätzliche Hardware erforderlich. Diese wird vom Autor aber aufgelistet und sogar mit den entsprechenden Preisen und Artikelnummern von Reichelt-Elektronik versehen, so dass du die notwendigen Einkäufe unkompliziert online vornehmen kannst. Allerdings wird die Lieferung in jedem Fall ein wenig dauern. Daher solltest du schon früh wissen, welche der im Buch beschriebenen Projekte du bearbeiten möchtest um sämtliche benötigte Hardware in einer Bestellung abhaken zu können.

Der Anspruch der einzelnen Projekte steigt im weiteren Verlauf des Buches langsam an. Während die grundsätzliche Inbetriebnahme der Kamera noch recht schnell und einfach von statten geht, wird es später deutlich komplexer. Du musst aber auch nicht alle im Buch genannten Möglichkeiten umsetzen. Es werden viele Sachen beschrieben, die du nicht unbedingt brauchen wirst. Letztendlich zeigt dir das Buch eine gute Auswahl an Ideen, wie man eine Raspberry-Kamera nutzen kann. Es ist dann dir überlassen welche dieser Ideen du umsetzen möchtest, um die Kamera ganz deinen individuellen Bedürfnissen anzupassen. So wird zum Beispiel beschrieben wie du einen alten Flachbettscanner zu einem Kameraschlitten umfunktionieren kannst, oder wie die Kamera über einen Akustiksensor gesteuert werden kann. Dies sind natürlich äußerst interessante Anwendungsmöglichkeiten, die aber durchaus übersprungen werden können, wenn man sie nicht benötigt. Weitere im Buch beschriebene Möglichkeiten sind Zeitrafferaufnahmen, Highspeed-Fotografie, Raum- und Briefkastenüberwachung über Bewegungsmelder, Gesichtserkennung und der Einsatz des Raspberry Pi als Videokamera. Viele dieser Funktionen sind sonst nur mit teurem Profi-Equipment möglich. Der Autor hilft dir dabei das Ganze mit einem Bruchteil des Geldes aber deutlich mehr Zeitaufwand selbst umzusetzen.

Das wohl umfassendste Projekt im Buch ist das sogenannte "Projekt franzisCAM". In diesem Kapitel wird ausführlich beschrieben, wie du deine Raspi-Cam in eine vollwertige Digicam verwandelst. Vom Bauen und Verlöten der Schaltung, über die Installation eines Displays und die Programmierung einer eigenen Firmware, bis hin zum Bau eines Gehäuses, erklärt dir der Autor, wie du vorgehen musst. Anschließend nennt er dir viele Alternativen zur Herstellung von Objektiven für deine neue Eigenbau-Digicam. So wird zum Beispiel beschrieben, wie du eine DVD-Laserlinse zur Makrolinse umfunktionierst oder einen Türspion als Weitwinkelobjektiv nutzen kannst. Der Anhang des Buches bietet außerdem eine kleine Einweisung für Raspberry-Pi-Einsteiger und nennt einige Grundlagen im Umgang mit der GPIO-Schnittstelle. So können auch unerfahrene Bastler schnell in die Materie einsteigen und mit der Bearbeitung der Projekte beginnen.

Fazit

"Foto und Video mit Raspberry Pi" von E.F. Engelhardt ist ein sehr interessantes Buch für alle, die gerne fotografieren und an elektronischer Technik herumbasteln. Für 30 Euro bekommst du eine praktische Sammlung an Ideen und Möglichkeiten für den Einsatz des Raspberry Pi als Kamera. Zwar kannst du viele der Tutorials auch aus dem Internet beziehen, aber so hast du alles Nötige in gedruckter Form gesammelt auf 240 Seiten.