4K/UHD-Camcorder 4K-Videoaufnahmen sind jetzt in der gehobenen Consumer-Camcorder-Klasse angekommen. Für knapp 800 Euro (UVP) bzw. ab 730 Euro Ladenpreis bekommst du von Panasonic jetzt einen ausgewachsenen "klassischen" Camcorder mit (fast) allem Drum und Dran und einer nahezu endlosen Ausstattungsliste. Natürlich auch mit großem optischen Zoombereich und wahlweise optischem oder elektronischem Bildstabilisator. Für 200 Euro Aufpreis gibt es sogar noch eine integrierte Zweitkamera für parallele Selfie-Aufnahmen. Dabei ist das Gerät relativ klein und leicht. Das mussten wir einmal ausprobieren!

Mit einem Test ohne Mehraufwand zwei Geräte zu behandeln – das ist ja praktisch! Denn beide in der Überschrift genannten Geräte sind identisch bis auf ein Detail: Eine eingebaute Zweitkamera besitzt nur das Modell HC-WX979, das wir im Test hatten. Die kleine Zusatzkamera ist außen am ausklappenden Monitor montiert. Sie ist um 270 Grad drehbar und um 40 Grad schwenkbar gelagert. In Ruhestellung zeigt die Linse in Richtung Monitorgehäuse und ist dann gut geschützt. Drehst du sie aus der Parkstellung heraus, schaltet sich die Zusatzkamera-Funktion automatisch ein. Unten links im Monitor erscheint dann das zweite Bild eingeklinkt ins Hauptbild. Die Position (links unten) ist fix. Das Seitenverhältnis kann zwischen 16:9-Breitbild und 1:1-Quadrat gewählt werden. Bei niedrigeren Videoauflösungen als 4K kann das eingeklinkte Bild zusätzlich noch vergrößert werden. Bei 4K-Aufnahmen wird das kleine Bild in der Aufzeichnung immer fest ins Hauptbild integriert. Bei Aufnahmen in FullHD und AVCHD können wahlweise auch zwei Datenströme auf die Speicherkarte geschrieben werden: einer mit und einer ohne eingeklinktem Zweitbild (das Zweitbild alleine wird allerdings nicht auch noch separat gespeichert). So kannst du später im Videoschnittprogramm zwischen beiden Versionen wechseln und musst die Version mit dem Zweitkamera-Bild nicht die ganze Zeit verwenden.

  • Bild Panasonic HC-WX979 (unser Testgerät) in "Vollausstattung" mit am Objektiv eingeschraubter Sonnenblende und in die Rückseite eingerasteter Zubehörschuh-Adapter. Ganz rechts am Monitor siehst du die schwenkbare Kamera. [Foto: MediaNord]

    Panasonic HC-WX979 (unser Testgerät) in "Vollausstattung" mit am Objektiv eingeschraubter Sonnenblende und in die Rückseite eingerasteter Zubehörschuh-Adapter. Ganz rechts am Monitor siehst du die schwenkbare Kamera. [Foto: MediaNord]

Die Zweitkamera kann, wie erwähnt, entweder in Richtung des Kameramanns zeigen, um z. B. dessen Reaktion auf das Geschehen vor der Kamera oder ihn als Sprecher einzufangen, während er selbst filmt (ideal z. B. für Videoblogger, die sich dieses Multitasking zutrauen). Oder du filmst auch mit der Zweitkamera in dieselbe Richtung wie die Hauptkamera und hast dann immer den großen Weitwinkel der Zweitkamera im Bild, während die Hauptkamera ans Motiv heranzoomt (sicherlich eine eher spezielle Anwendung). Dir steht außerdem eine Alternative für Multicam-Aufnahmen zur Verfügung, die auch von der günstigeren HC-W878 beherrscht wird, die keine eingebaute Zweitkamera hat: Als Quelle für das zweite Bild kannst du nämlich ebenso externe Kameras über WLAN nutzen, z. B. dein Smartphone oder eine Panasonic-Actioncam. Dies geht aber nicht bei 4K (dafür reicht die Prozessorleistung offenbar nicht), wohl aber in FullHD. Das ist natürlich ein nettes Feature für Video-Blogger, die ihre Arbeit aus zwei Perspektiven festhalten wollen und als Ergebnis direkt ein fertiges Video mit eingeklinktem Zweitbild haben wollen, ohne noch nachträglich den Videoschnitt-Prozess zu durchlaufen.

Bleiben wir noch kurz bei den besonderen bzw. exotischen Ausstattungsmerkmalen: Die Panasonic HC-W878/HC-W979 ist auf Wunsch auch wahlweise Webcam mit direktem Livestream zu Ustream, WLAN-Heimüberwachungskamera oder Baby-Monitor oder DLNA-Video-Zuspieler. Auf keine der Funktionen wollen wir hier näher eingehen. Sie sollen nur kurz anreißen, was heute so alles mit einem "klassischen Camcorder" geht. Schauen wir uns eher die zum Videofilmen wichtigen Sachen näher an.

Der Panasonic HC-W878/HC-W979 ist klein und mit gerade mal 448 Gramm (betriebsbereit inkl. Akku und Speicherkarte) auch leicht. Die Handlage und Ergonomie ist gut. Die Hand umfasst die Oberkante des Camcorders. Dort stört nichts, nicht einmal ein Zubehör-Schuh, der dort oben eigentlich sitzt und hingehört. Dafür liegt ein Zubehör-Schuh-Adapter bei, der bei Bedarf hinten (dort wo "normalerweise" der Sucher sitzt) in einen Gehäuseschlitz eingeschoben wird und einrastet. Die Lösung mag etwas eigenwillig erscheinen – dumm ist sie aber nicht. Nur so bleibt die Gehäuseoberseite jederzeit für eine griffgünstige Kamerahaltung frei. Die Bedienung erfolgt hauptsächlich über den 3 Zoll großen, dreh- und schwenkbaren Touch-Screen. Daneben gibt es nur vier Hardware-Tasten an der linken Gehäuseseite, den Zoom-Hebel und den Fotoauslöser auf der Oberseite und die Video-Start/Pause-Taste auf der Rückseite. Ergänzt wird das noch durch ein Dreh/Drück-Rad links unten am Gehäuse. Damit lassen sich manuelle Einstellungen sehr feinfühlig justieren und bestätigen. Das Rad läuft wirklich extrem schön gedämpft und seine Druckknopf-Funktion ist weich und geräuschlos, hat aber dennoch einen eindeutigen Druckpunkt. Besser geht es eigentlich nicht. Nicht ganz so gut hat uns die Zoom-Wippe gefallen, der Zoom könne unserer Meinung nach noch etwas sanfter anlaufen. Es fiel uns auch schwer den Punkt zwischen "läuft noch nicht" und "fängt an zu zoomen" genau zu treffen oder den Zoom in der gewünschten Geschwindigkeit laufen zu lassen (und nicht ungewollt zu beschleunigen). Schade eigentlich, dass sich das sanft laufende Dreh/Drück-Rad nicht auch zum Zoomen verwenden lässt. Aber Zoomen beim Videofilmen, das lässt man ja sowieso lieber sein.

  • Bild Zusammengeklappt und ohne Sonnenblende ist der Panasonic HC-WX979 schön klein. [Foto: Panasonic]

    Zusammengeklappt und ohne Sonnenblende ist der Panasonic HC-WX979 schön klein. [Foto: Panasonic]

  • Bild Der Panasonic HC-EX878/HC-WX979 ist in typischer Camcorder-Bauweise gestaltet. Der Monitor klappt links aus. Hinten am Gehäuse sitzt der Akku außen angedockt, so dass dort auch leistungsstärkere Akkus mit größerer Bauform anstecken lassen. [Foto: Panasonic]

    Der Panasonic HC-EX878/HC-WX979 ist in typischer Camcorder-Bauweise gestaltet. Der Monitor klappt links aus. Hinten am Gehäuse sitzt der Akku außen angedockt, so dass dort auch leistungsstärkere Akkus mit größerer Bauform anstecken lassen. [Foto: Panasonic]

Wie oben im Nebensatz erwähnt, geht der "Trick" mit dem einsteckbarem Zubehörschuh nur, weil der Panasonic HC-W878/HC-W979 keinen Sucher besitzt, sondern ausschließlich den den 3 Zoll großen Klapp- und Schwenk-Monitor. Das ist für einen 1000-Euro-Camcorder natürlich schon ein dicker Hund und in unseren Augen auch durchaus ein Nachteil. Im hellen Sonnenlicht beispielsweise ist ein gut abgeschirmter Sucher immer von Vorteil und wir möchten wetten, dass der eine oder andere potenzielle Kunde liebend gern z. B. auf die Zweitkamera verzichten würde, wenn er dafür einen Sucher bekäme. Andererseits, das müssen wir auch sagen, gibt es an dem eingebauten Schwenk-Monitor eigentlich nichts auszusetzen. Ganz zeitgemäß ist es ein Touch-Monitor und Panasonic hat eine wirklich gut gelungene Touch-Bedienoberfläche entwickelt über die du das Gerät bedienst. Was als Nachteil bleibt, ist im Grunde die hier nicht mögliche stabilere Kameraführung, die sich ergibt, wenn der Sucher ans Auge bzw. an den Kopf gehalten wird im Gegensatz zur "frei schwebenden" Kamerahaltung mit Blick auf den Monitor. Mit dem Gewackel aus der Hand muss also der Bildstabilisator fertig werden.

Schöner Übergang, oder? ;-)  Der Bildstabilisator nennt sich bei der Panasonic HC-W878/HC-W979 "Hybrid O.I.S.", wobei Hybrid dafür steht, das hier zwei Systeme werkeln (auch ein elektronisches) und O.I.S. heißt "Optical Image Stabilisation". Das funktioniert auch wirklich gut und auch bei 4K-Aufnahmen. Der Bildsensor hat dabei fast 19 Megapixel, von denen er bei 4K die dafür benötigten 8,3 Megapixel effektiv nutzt und für FullHD 6,1 Megapixel (wodurch sich eine Verschiebung des Bildes in Richtung Tele ergibt), die die Kamera dann auf die benötigten 2 Megapixel herunter rechnet. Die reichlichen "ungenutzten" Pixel sind in dem Sinne nicht ungenutzt, aber auch nicht direkt bildwirksam. Sie stehen aber für den elektronischen Bildstabilisator zur Verfügung und auch für den automatischen Horizontausgleich, den du bei Bedarf zusätzlich einschalten kannst. Du kannst dir das System so vorstellen, dass der Panasonic HC-W878/HC-W979 im Grund ein relativ extremes Fisheye-Zoomobjektiv hat mit einem 19-Megapixel-Sensor dahinter. Das Objektiv hat schon einmal eine optische Bildstabilisierung, die feines Zittern wegbügelt (praktisch ausreichend für Foto, aber nicht für Video). Das schon mal im feinen stabilisierte Bild fällt auf den Sensor mit 19 Megapixeln, aus denen heraus nur der mittlere, 8,3 bzw. 6,1 Megapixel große Bereich aufgezeichnet wird. Die vielen Megapixel drum herum stehen zur Bildstabilisierung zur Verfügung, d. h. der Panasonic HC-W878/HC-W979 nimmt ständig einen anderen Bildbereich aus den Gesamtpixeln und erzeugt so ein beruhigtes Bild. Das funktioniert in der Praxis wirklich ziemlich gut, d. h. das Bild ist vernünftig stabilisiert und die Qualität, die dabei herauskommt ist sehenswert. Am Ende eines Schwenks justiert der elektronische Bildstabilisator übrigens mitunter noch kurz nach, d. h. im Ergebnis schwenkt die Aufnahme dann mitunter noch ein Stück zurück. Das solltest du beim Drehen beachten bzw. später im Schnitt schon kurz vor dem Ende des Schwenks auf die nächste Szene wechseln.

  • Bild Die schwenkbare Zweitkamera ist das Extra des Panasonic HC-WX979 gegenüber seinem Schwestermodell HC-EX878. Die Kamera kannst du um 270 Grad horizontal drehen und jeweils 20 Grad nach oben und unten neigen, um das zweite Bild genau zu justieren. [Foto: Panasonic]

    Die schwenkbare Zweitkamera ist das Extra des Panasonic HC-WX979 gegenüber seinem Schwestermodell HC-EX878. Die Kamera kannst du um 270 Grad horizontal drehen und jeweils 20 Grad nach oben und unten neigen, um das zweite Bild genau zu justieren. [Foto: Panasonic]

  • Bild Das "Camera Function" genannte Drehrad des Panasonic HC-WX875 und HC-WX979 läuft ölgedämpft sehr sanft und ist eine recht gute Alternative zu dem sonst üblichen Objektivring. Ein Druck auf Rädchen (mit gutem Druckpunkt) entspricht einem Tastendruck. [Foto: Panasonic]

    Das "Camera Function" genannte Drehrad des Panasonic HC-WX875 und HC-WX979 läuft ölgedämpft sehr sanft und ist eine recht gute Alternative zu dem sonst üblichen Objektivring. Ein Druck auf Rädchen (mit gutem Druckpunkt) entspricht einem Tastendruck. [Foto: Panasonic]

Aus dem zusätzlichen Sensorbereich kann auch zusätzlicher Zoombereich werden. Bei 4K stehen zu dem optischen 20-fach Zoom nochmal 5-fach elektronischer Zoom zur Verfügung ohne dass es den benötigten 8,3 Megapixeln an den Kragen geht (so kommen die auf dem Gehäuse aufgedruckten "25x" zustande). Bei FullHD, wo nur 6,1 Megapixel ausgelesen werden, sind es dann sogar 40x.

Der Preis für das alles ist, dass von dem ohnehin ja nicht gerade großen Sensor (1:2,3 Zoll BSI-Typ) nur maximal die halbe Fläche bildwirksam wird. In Sachen "Bildwirkung" (Freistellen des Motivs vom Hintergrund) oder Rauschverhalten bzw. Aufnahmefähigkeit bei wenig Licht spielt der Panasonic HC-W878/HC-W979 deshalb ganz klar in der Consumer-Liga. Fotokameras leisten da heute weitaus mehr. Dafür gibt es bei Fotokameras kein wirklich stabilisiertes Bild und beim Panasonic HC-W878/HC-W979 durchaus.

Was uns noch auffiel, kurz angemerkt:

  • Panasonic ist generell bei seinen Kameras (im Gegensatz zu Sony) recht anspruchslos bezüglich der verwendbaren Speicherkarten. Eine (heute völlig normale) Class-10-Karte reicht dem Panasonic HC-W878/HC-W979 völlig aus. Darauf zeichnet er dann in 4K einen Datenstrom von 60 MBit/s auf.
  • Relativ abenteuerlich ist die die Verzeichnisstruktur, die die Kamera auf der Speicherkarte anlegt. Die Dateinamen sind immer gleich (mit Endung .JPG oder .MP4) und die unterschiedlichen Formate (z. B. Videoauflösungsgrößen) landen jeweils in einem eigenen Unterverzeichnis. Wer das mal kapiert hat (in der ausführlichen Anleitung steht, was wo gespeichert wird), kommt damit aber wahrscheinlich gut zurecht. Zum Verwalten bzw. Übertragen auf den PC empfiehlt Panasonic übrigens die herstellereigene Software HD Writer AE 5.2 für Windows zu verwenden.
  • Die Bedienungsanleitung ist eine Zumutung. Wie üblich wird nur eine Kurzanleitung mitgeliefert, die von der Schriftgröße an einen erheblichen Teil der Zielgruppe vorbeigeht (sicherlich werden sich auch etliche Silver Surfer für solche Camcorder interessieren). Die Anleitung ist auch schwer verständlich, weil sie nicht weniger als 10 verschiedene Modelle behandelt und viele Teile der Anleitung nur für einen Teil der Modelle gelten. In diesem Punkt ist auch die (in der deutschen Version 256 Seiten starke) ausführliche Anleitung nicht besser, die du als PDF von der Panasonic-Website herunterladen kannst. Auch diese ist übersäht mit Fußnoten und Einschränkungen, welcher der Texte für welches Modell gilt.
  • Die Batterielaufzeit mit dem Serienakku ist nicht sehr üppig. In 4K war der Akku im üblichen Betrieb, also mit viel Ein- und Ausschalten schon nach etwas mehr als einer halben Stunde leer. Das deckt sich durchaus einigermaßen mit den Angaben von Panasonic für solchen Betrieb (45 Minuten). Im Dauerbetrieb (d. h. ohne zwischenzeitliches Pausieren) hält er natürlich länger durch (über 1 Stunde). Einen zweiten, am besten sogar größeren Akkus wird sich der HC-W878/HC-W979-Käufer wohl zeitnah anschaffen.
  • Alternativ kannst du den Panasonic HC-W878/HC-W979 erfreulicherweise auch mit üblichen Powerbanks nachladen, wie sie z. B. als Notstromakkus für Smartphones verkauft werden. Und auch mit gängigen Smartphone-Ladegeräten (mit USB-Buchse) kann der HC-W878/HC-W979 geladen werden. Allerdings solltest du das Original-Ladekabel nicht verlieren oder beschädigen, denn dann hast du verloren. Ein solches Spezialkabel wirst du nicht so leicht finden.
  • Bild Der Panasonic HC-EX878/HC-WX979 von vorne mit optisch bildstabilisiertem Leica 20x-Zoomobjektiv und kleiner Videoleuchte (das weiße Feld über dem Objektiv). [Foto: Panasonic]

    Der Panasonic HC-EX878/HC-WX979 von vorne mit optisch bildstabilisiertem Leica 20x-Zoomobjektiv und kleiner Videoleuchte (das weiße Feld über dem Objektiv). [Foto: Panasonic]

  • Bild Die Rückseite des Panasonic HC-WX979: Dort befindet sich der Akku, die Start/Pause-Taste für die Aufnahme und die (durch eine Klappe automatisch gegen Staub geschützte) Öffnung, in die der Zubehörschuh-Adapter ein geschoben wird. [Foto: Panasonic]

    Die Rückseite des Panasonic HC-WX979: Dort befindet sich der Akku, die Start/Pause-Taste für die Aufnahme und die (durch eine Klappe automatisch gegen Staub geschützte) Öffnung, in die der Zubehörschuh-Adapter ein geschoben wird. [Foto: Panasonic]

Fortsetzung auf Seite 2