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Beim Fliegen muss man übrigens durchaus vorsichtig sein, weil die Anafi keinerlei Kollisions-Verhütungs-Sensoren hat. Zwar besitzt sie einen Bodendistanz-Sensor und eine Bodenkamera, um in Bodennähe stabil zu fliegen und sicher zu landen (was auch sehr gut klappt), aber Kollisionsverhütungs-Sensoren fehlen der Anafi völlig und die Drohne würde deshalb ungebremst in Bäume oder gegen andere Hindernisse fliegen, wenn der Pilot das nicht durch umsichtige Steuerung verhindert.

  • Bild Lieferumfang des Parrot Anafi. Ein Ladegerät ist interessanterweise nicht mit dabei, denn sowohl dar Akku des Kopters als auch die Fernbedienung werden zeitgemäß einfach über USB-C (ein Kabel USB-C auf USB-A liegt bei). [Foto: Parrot]

    Lieferumfang des Parrot Anafi. Ein Ladegerät ist interessanterweise nicht mit dabei, denn sowohl dar Akku des Kopters als auch die Fernbedienung werden zeitgemäß einfach über USB-C (ein Kabel USB-C auf USB-A liegt bei). [Foto: Parrot]

Von den direkt eingebauten Modi wollte "Cameraman" bei uns nicht funktionieren. Die Idee dabei ist, ein Objekt im Bild, typischerweise eine Person, zu markieren und die Drohne hält diese dann im Bild. Die Objekterkennung brach bei uns aber immer sofort ab. Die anderen Modi sind ganz nett, Schraube nach oben, beispielsweise. Oder eine 360-Grad-Drehung. Bei anderen Modi, bei denen die Drohne vom aktuellen Standort aus automatisch 30 Meter vor oder 30 Meter zurück fliegt, muss der Pilot sehr darauf achten, dass nichts im Weg ist. Wenn man merkt, dass das schiefgehen könnte und die Drohne irgendwo gegenzufliegen droht, reicht eine Bewegung an einem der beiden Steuerknüppel und der Automatik-Modus stoppt sofort.

Perrot spricht auf seiner Website nach wie vor von einer 3-Achs-Stabilisierung (wie sie heute eigentlich Stand der Technik ist), aber das stimmt so eigentlich nicht. Mit Elektromotoren stabilisiert werden nur die zwei wichtigsten Achsen: horizontal und vertikal. Die Drehbewegung und zusätzlich auch noch die anderen beiden schon elektromechanisch stabilisierten Richtungen werden elektronisch stabilisiert, wodurch extrem stabile Fotos und Videos mit einer Winkelschwingung von nur 0,004° resultieren (Herstellerangabe). Tatsächlich wirken die Videos der Anafi, als wäre die Drohne am Himmel irgendwo festgenagelt. Die Stabilisierung ist wirklich perfekt.

Die Kamera der Parrot Anafi besitzt einen 1/2,4-Zoll-Sensor mit 21 Megapixeln Auflösung und ein Ultraweitwinkel-Objektiv mit 110° Bildwinkel. Daraus lässt sich ein entzerrtes Bild mit immerhin 16 Megapixeln im 4:3-Format gewinnen und für 4K-Videoaufnahmen im Seitenverhältnis 16:9 reicht das auch. Das 17:9-Seitenverhältnis lässt sich nur erreichen, indem man den Cine-Modus auswählt, dann filmt die Anafi im 4096 x 2160 Pixeln (auch 4K-DCI oder Cine-4K genannt) mit 24 fps. Beim 16:9-UHD-4K-Format kann man zwischen 24, 25 oder 30 fps wählen (FullHD geht bis 60 fps). Sogar ein bisschen verlustfrei Zoomen kann man dann noch: bis zum Faktor 1,4 bei 4K oder Faktor 2,8 bei FullHD. Die Datenrate beträgt hohe 100 MBit/s. Kompressionsartefakte treten entsprechend kaum auf, feine Details (Rasen, Blätter usw.) werden dennoch schnell zu einer homogenen Fläche. Das volle Potenzial von 4K-Video schöpft die Anafi nicht aus, was man in dieser Preisklasse aber auch nicht  erwarten darf.

  • Bild Beim Kit Parrot Anafi Extended ist eine größere Tasche dabei und zwei weitere Akkus (und zwei weitere USB-Kabel, hier nicht abgebildet.. [Foto: Parrot]

    Beim Kit Parrot Anafi Extended ist eine größere Tasche dabei und zwei weitere Akkus (und zwei weitere USB-Kabel, hier nicht abgebildet.. [Foto: Parrot]

  • Bild Die Parrot Anafi Extended Tasche bietet, anders als die normale Hülle, nicht nur Platz für die Drohne selbst, sondern auch noch für die zwei zusätzlichen Akkus, den Controller, diverse Kabel, Ersatzpropeller und Bedienungsanleitung oder andere Unterlagen. [Foto: Parrot]

    Die Parrot Anafi Extended Tasche bietet, anders als die normale Hülle, nicht nur Platz für die Drohne selbst, sondern auch noch für die zwei zusätzlichen Akkus, den Controller, diverse Kabel, Ersatzpropeller und Bedienungsanleitung oder andere Unterlagen. [Foto: Parrot]

  • Bild Die Parrot Anafi Extended Tasche bietet, anders als die normale Hülle, nicht nur Platz für die Drohne selbst, sondern auch noch für die zwei zusätzlichen Akkus, den Controller, diverse Kabel, Ersatzpropeller und Bedienungsanleitung oder andere Unterlagen. [Foto: Parrot]

    Die Parrot Anafi Extended Tasche bietet, anders als die normale Hülle, nicht nur Platz für die Drohne selbst, sondern auch noch für die zwei zusätzlichen Akkus, den Controller, diverse Kabel, Ersatzpropeller und Bedienungsanleitung oder andere Unterlagen. [Foto: Parrot]

Bei Fotos kann erfreulicherweise das DNG-Format gewählt werden, also Rohdaten. Da stecken dann die vollen 21 Megapixel drin und nichts ist entzerrt oder beschnitten. Das muss man ggf. in aller Ruhe am PC machen, aber die Arbeit kann sich lohnen, zumal Lightroom das Objektiv-Profil kennt und die Objektiv-Entzerrung ebenso perfekt auf Knopfdruck hinbekommt. Generell sehen die DNGs in Lightroom bereits ohne weiteren Feinschliff für eine Drohne dieser Preisklasse recht gut aus, aber bezüglich der Auflösung darf man sich keine keine unrealistischen Hoffnungen machen. An die Qualität von 1-Zoll-Sensoren kommt dieser natürlich bei Weitem nicht heran. Der kleine Sensor hat zudem offensichtlich wenig Belichtungsspielraum und viele unserer im Automatik-Modus aufgenommenen Testaufnahmen waren oft etwas überbelichtet. Oder die dunklen Bereich soffen ab. Hohe Kontraste sind nicht so das Ding des kleinen Sensors. Da ist es eine prima Sache, dass die Anafi Belichtungsreihen anbietet. Diese zu benutzen, dürfte die Anzahl der gelungenen Fotos deutlich steigern und bietet auch die Möglichkeit der späteren Nachbearbeitung mit einer HDR-Software. Bei Videos hingegen gilt es sehr auf die Belichtung zu achten und am besten die Überbelichtungs-Warnung im Display einzuschalten (zu helle Bereiche werden dann in der App schraffiert dargestellt ("Zebra"), denn am dem Smartphone-Display in der Sonne sieht man sowas sonst nicht.

Das starke Entzerren von Fotos und Videos geht im Randbereich natürlich sehr zu Lasten der Bildqualität. Das ist quasi unvermeidlich. Bei Videos ist das noch nicht so auffällig, da helfen die Auflösung (8,3 Megapixel bei 4K) und das Seitenformat (16:9) das ganz gut zu kaschieren. Bei JPEGs mit 16 Megapixeln und einem 4:3-Format, das deutlich mehr von den die Bildecken des Sensors zeigt, sieht man einen sehr deutlichen Qualitäts- bzw. Auflösungsabfall von der Bildmitte zum Rand und insbesondere zu den Bildecken. Zudem ist der Betrachter bei Standbildern kritischer, weil die Bewegung fehlt, die sonst ablenkt. Auch tritt der Effekt bei den elektronisch entzerrten Fotos und Videos natürlich stärker auf als bei den Aufnahmen in Fisheye-Stellung, die weniger stark bearbeitet werden müssen. An Aufnahmen im Actioncam-Fisheye-Look haben wir uns allerdings mittlerweile gründlich übergesehen, sodass wir uns gewünscht hätten, dass Parrot eine weniger weitwinklige Kamera eingebaut hätte, die idealerweise gar nicht entzerrt werden muss, so wie DJI es bei seinen (preislich höher angesiedelten) Geräten macht. Insgesamt schlägt sich die Anafi aber wacker. Mehr ist aus der gegebenen Kameratechnik einfach nicht herauszuholen. Und mehr Kameratechnik kostet deutlich mehr Geld und wiegt mehr und bedingt dadurch wiederum größere Drohnen, die dann erst recht noch mehr kosten. Ein Teufelskreis sozusagen, der viel Geld kostet. 

Als echte Besonderheit kann man die Kamera übrigens nicht nur nach unten, sondern auch oben schwenken – insgesamt um volle 180 Grad, was eine echte Besonderheit ist. Die Kamera ist nämlich nicht unter, sondern vor dem Kopter montiert und die Propeller stehen weit genug auseinander, sodass die Kamera dort nach oben hindurchfilmen kann. Man könnte also beispielsweise eine Brücke unterfliegen und diese dabei von unten filmen. Oder ein hohes Gebäude aus der Nähe von unten nach oben abfliegen mit nach oben geneigter Kamera, also so wie der Betrachter das Gebäude normalerweise sieht. Das ermöglicht sicherlich ein paar nette Perspektiven, die mit anderen Drohnen nicht möglich sind.

  • Bild Die Parrot FreeFlight 6 Smartphone-App zur Parrot Anafi ist übersichtlich und bietet viele Einstellungsmöglichkeiten. [Foto: MediaNord]

    Die Parrot FreeFlight 6 Smartphone-App zur Parrot Anafi ist übersichtlich und bietet viele Einstellungsmöglichkeiten. [Foto: MediaNord]

  • Bild Standardmäßig ist die maximale Höhe auf 30 Meter und die maximale Entfernung auf 100 Meter eingestellt. Ist Geofence eingeschaltet verlässt die Drohne den erlaubten Bereich nicht. Wer möchte, kann den Bereich ausdehnen oder ganz abschalten. [Foto: MediaNord]

    Standardmäßig ist die maximale Höhe auf 30 Meter und die maximale Entfernung auf 100 Meter eingestellt. Ist Geofence eingeschaltet verlässt die Drohne den erlaubten Bereich nicht. Wer möchte, kann den Bereich ausdehnen oder ganz abschalten. [Foto: MediaNord]

  • Bild Parrot Anafi aus der Hand starte: Hand-Launch in der App drücken, kurz warten, Drohne leicht hochwerfen. [Foto: MediaNord]

    Parrot Anafi aus der Hand starte: Hand-Launch in der App drücken, kurz warten, Drohne leicht hochwerfen. [Foto: MediaNord]

  • Bild Die Anmeldung zum Online-Dienst von Parrot ist nicht verpflichtend. [Foto: MediaNord]

    Die Anmeldung zum Online-Dienst von Parrot ist nicht verpflichtend. [Foto: MediaNord]

Die Parrot Anafi Drohne gibt es in mehreren Kits. Die Grundausstattung enthält nur einen Akku, eine Schutzhülle nur für die Drohne, den Controller und ein Kabel. Der Preis dafür ist seit Markteinführung mit 699 Euro stabil. Offenbar hält Parrot da massiv den Daumen drauf. Für 200 Euro mehr bekommt man das attraktivere Extended-Kit, das insgesamt drei Akkus und drei Kabel enthält, außerdem die praktische, größere Tasche, in die das alles gut hineinpasst (ein Akku kostet einzeln 100 Euro, viel spart mal also nicht). Warum Parrot nicht auch noch allein die Drohne inklusive Akku anbietet (z. B. für 499 Euro) für Leute, denen es reicht, das Gerät im Nahbereich nur mit dem Smartphone zu steuern, erschließt sich uns nicht (zumal man den Controller auch einzeln für 200 Euro kaufen kann).

Fazit

Die Anafi Kameradrohne hat uns gut gefallen. Das Gesamtpaket, insbesondere in dem Extended-Kit mit den drei Akkus und der sehr praktischen und gut verarbeiteten Tasche, ist umfangreich und das Konzept stimmig. Akkus und Controller können unkompliziert per USB-C geladen werden, ein Ladegerät allerdings ist nicht im Lieferumfang. Die Smartphone-App bietet umfangreiche Funktionen und ist sehr gut zu bedienen. Dass man einige fortgeschrittene Flugmodi erst als In-App-Käufe freischalten muss, dürfte manchem missfallen. Auch dass die Drohne in dieser Preisklasse keinerlei Kollisionsverhütungs-Sensoren hat, ist nicht ideal. Dennoch stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Bildqualität der Fotos und Videos ist der Preisklasse der Drohne angemessen und die Flugdauer pro Akkuladung mit 25 Minuten überdurchschnittlich gut.

  • Bild Bei der Parrot Anafi lohnt es sich definitiv, die Fotos als DNG aufzunehmen und per Rohdatenentwicklung nachzubearbeiten. Dieses Beispiel zeigt, was Adobe Lightroom mit zwei Klicks aus dem Foto macht (Tonwertkorrektur-Automatik plus Objektivkorrektur). [Foto: MediaNord]

    Bei der Parrot Anafi lohnt es sich definitiv, die Fotos als DNG aufzunehmen und per Rohdatenentwicklung nachzubearbeiten. Dieses Beispiel zeigt, was Adobe Lightroom mit zwei Klicks aus dem Foto macht (Tonwertkorrektur-Automatik plus Objektivkorrektur). [Foto: MediaNord]

  • Bild Hier das parallel von der Anafi gespeicherte Original-JPEG. Durch den hellen Himmel ist der Rest des Fotos zu dunkel. Auch das JPEG lässt sich natürlich in der Bildbearbeitung korrigieren, aber das DNG enthält deutlich besseres Ausgangsmaterial. [Foto: MediaNord]

    Hier das parallel von der Anafi gespeicherte Original-JPEG. Durch den hellen Himmel ist der Rest des Fotos zu dunkel. Auch das JPEG lässt sich natürlich in der Bildbearbeitung korrigieren, aber das DNG enthält deutlich besseres Ausgangsmaterial. [Foto: MediaNord]

Vorteile

  • gute Flugdauer pro Akkuladung (25 Minuten)
  • Schwenkbereich der Kamera bis 90 Grad nach oben (und unten)
  • recht gute Bildqualität bei Fotos und Videos
  • umfangreicher, praxisgerechter Lieferumfang beim Extended-Kit
  • leiser als die meisten anderen Drohnen dieser Klasse

Nachteile

  • keine Kollisionsverhütungssensoren
  • starker Auflösungsabfall zum Rand, insbesondere bei entzerrten Fotos
  • einige Flugmodi nur gegen Aufpreis als In-App-Käufe