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Bild und Ton in der Praxis

Die Video-Qualität ist ganz OK. In der Mitte ist das Bild sehr schön scharf, aber nicht überschärft. Die Verzeichnungen sind sichtbar tonnenförmig, für ein 120°-Weitwinkel-Objektiv aber wiederum sehr gering (viel geringer als ich es von einigen Action Cams oder Auto-Kameras kenne). Bei weiter entfernten Objekten fällt die Verzeichnung mitunter gar nicht auf. Aber außerhalb eines Bildkreises, der in etwa der Bildhöhe entspricht, nimmt die Bildqualität leider extrem ab. In den Ecken ist von Schärfe und Detailauflösung nichts mehr zu sehen. Dort sollst du also niemals bildwichtige Teile des Motivs platzieren. Zum Rand hin nimmt auch die Verzerrung stark zu, d. h. dort platzierte Dinge erscheinen breiter als sie tatsächlich sind. Von unserem Testvideo mit Christian Freimuth hatten wir zunächst eine Version aufgenommen, bei dem die Kopfplatte der Gitarre ganz am rechten Rand platziert war. Die war dann deutlich langgezogen und lag im Bildbereich, wo die Bildqualität jenseits aller Qualitätsansprüche ist. Aber, wie gesagt, im mittleren Bereich ist die Qualität gut, und da wird meist auch das Wichtigste passieren. Nur wenn du mehrere Personen vor der Kamera hast, achte darauf, dass niemand ganz links und ganz rechts im Bild ist. Wäre also vielleicht ein weniger weitwinkeliges Objektiv besser gewesen? Nein, auch nicht. Die Mikrofone sollen ja dicht dran ans Geschehen und das Wesentliche gut aufzunehmen und einen schönen Stereo-Effekt zu erzielen.

  • Bild In dem Sony HDR-MV1 hätten die Entwickler sicherlich leicht auch ein deutlich größeres Akku unterbringen können. Die maximale Videoaufzeichnungsdauer gibt der Hersteller dennoch mit 130 Minuten an. [Foto: MediaNord]

    In dem Sony HDR-MV1 hätten die Entwickler sicherlich leicht auch ein deutlich größeres Akku unterbringen können. Die maximale Videoaufzeichnungsdauer gibt der Hersteller dennoch mit 130 Minuten an. [Foto: MediaNord]

  • Bild Die Anschlüsse befinden sich auf der Rückseite des Sony HDR-MV1 unter einer stabilen Klappe: Kopfhörer, USB (auch zum Laden des Akkus), HDMI und externes Mikrofon bzw. Line (Empfindlichkeit im Menü umschaltbar). [Foto: MediaNord]

    Die Anschlüsse befinden sich auf der Rückseite des Sony HDR-MV1 unter einer stabilen Klappe: Kopfhörer, USB (auch zum Laden des Akkus), HDMI und externes Mikrofon bzw. Line (Empfindlichkeit im Menü umschaltbar). [Foto: MediaNord]

  • Bild Das Speicherkartenfach des Sony HDR-MV1 liegt auf der Unterseite. Rechts daneben in einigem Abstand ist das 1/4-Zoll-Stativgewinde. [Foto: MediaNord]

    Das Speicherkartenfach des Sony HDR-MV1 liegt auf der Unterseite. Rechts daneben in einigem Abstand ist das 1/4-Zoll-Stativgewinde. [Foto: MediaNord]

  • Bild Die Aufnahmen des Sony HDR-MV1 Musik-Recorders sind nur in einem kreisförmigen Bereich, der der Bildhöhe entspricht, wirklich scharf. Außerhalb dieses Bereichs fällt die Auflösung extrem ab. [Foto: MediaNord]

    Die Aufnahmen des Sony HDR-MV1 Musik-Recorders sind nur in einem kreisförmigen Bereich, der der Bildhöhe entspricht, wirklich scharf. Außerhalb dieses Bereichs fällt die Auflösung extrem ab. [Foto: MediaNord]

Der Ton ist eindeutig die Stärke des Sony HDR-MV1. Der Ton ist unglaublich präzise, du hörst jedes kleinste Geräusch, jedes Rascheln (sofern sonst Ruhe herrscht). Bass und Höhen werden in einer Qualität aufgenommen, wie man es bei preisgünstigen Videoaufzeichnungsgeräten sonst nicht kennt. Und die Stereo-Perspektive ist eindrucksvoll. Bei der Aufnahme mit Christian Freimuth sitzt dieser in einer Raumecke und die Kamera ist dicht davor. Das reicht schon um in der Aufnahme die Gitarre leicht links und den Gesang leicht rechts zu haben. Für den vollen Sound sorgt die Positionierung in der Ecke und die Raumakustik der Pilgerhalle (ein historischer Ort in Lübeck). Für den tollen Ton gilt also: Volle Punktzahl! Weil der MV1 so schön klein und unauffällig ist, kann er sogar durchaus sichtbar im Geschehen stehen. Wie weiter oben beschrieben, kannst du den Live-Ton über den Kopfhörerausgang an eine Verstärkeranlage schicken. Quasi "nebenbei" dreht der MV1 dann noch das Video. Die Anwendungsmöglichkeiten auf der Bühne sind also vielseitig.

Ist der Sony HDR-MV1 denn nun ein Musik-Camcorder und sonst nichts? Das kommt auf die Anwendung an! Das Gerät ist doppelt bis dreimal so groß und schwer wie eine Action Cam aber immer noch sehr klein verglichen mit normalen Camcordern und praktisch ohne mechanische Teile, also grundsätzlich durchaus robust. Die Bedienung aus der Hand ist nur sehr eingeschränkt möglich, allein schon weil der Monitor zur Seite zeigt. Aber dank 1/4"-Gewinde ist die Befestigung auf einem Stativ oder an einer beliebigen Klammhalterung (z. B. Manfrotto Nano-Clamp) oder einem Saugnapf ist kein Problem und die Fernbedienung per Smartphone-App möglich. Neben der reinen Musik-Aufzeichnung kann ich mir den MV1 auch sehr gut als "1. Kamera" bei Multi-Kamera-Projekten vorstellen, die den Ton mit aufnimmt. Von allen anderen Kameras verwendet man dann nur das Bild (und den Ton allenfalls zum Synchronisieren). Oder sogar ggf. als Action Cam, wenn du keinen Wert auf Spritzschutz oder erhöhte mechanische Belastbarkeit legen musst (z. B. bei Indoor-Anwendungen, in PKWs usw.), aber eine vernünftige Tonaufzeichnung brauchst (denn da patzen Actions Cams ja meist, guter Ton ist nicht deren Sache). Wir haben unten auch eine Aufnahme einer Fahrt mit dem SkyTrain am Düsseldorfer Flughafen veröffentlicht, um einmal eine andere Anwendung als die Musikaufzeichnung mit dem HDR-MV1 zu zeigen.

Extra-Test: Sony MDR-1RNC Kopfhörer

Sony hatte dem HDR-MV1 Testgerät netterweise noch einen MDR-1RNC Kopfhörer zum Testen beigelegt, eine Gelegenheit, die ich gerne wahrgenommen habe. Die MDR-1-Baureihe ist die Edel-Serie der reisetauglichen HiFi-Kopfhörer von Sony in ohrumschließender Bauweise. Es gibt drei Versionen, einen "normalen", der aber bereits dank zweier mitgelieferter Kabel sowohl normaler Stereo-Kopfhörer als auch Stereo-Headset (mit Mikrofon) sein kann. Dann eine drahtlose Bluetooth-Version (natürlich auch mit Mikrofon) und die Kabel-gebundene Noise-Canceling-Version, um die es hier geht (Noise-Canceling und Bluetooth in Kombination gibt es in der MDR-1-Serie leider nicht). Noise Cancelling (kurz NC) bedeutet, dass eine Elektronik in Kombination mit Mikrofonen die Umgebungsgeräusche misst und dann "gegensteuert", indem ein gegenteiliges Signal ins Musiksignal gemischt wird, so dass idealerweise nur noch die Musik ans Ohr des Benutzers durchkommt und die Umgebungsgeräusche vollständig eliminiert werden. Die Sony HDR-MV1-Baureihe ist einerseits die aktuelle Flaggschiff-Reihe von Sony andererseits aber auch als "mobile" Kopfhörer gedacht. Alle MV1-Versionen haben dank 90 Grad drehbarer Ohrmuscheln ein einigermaßen flaches Packmaß und werden mit einer gepolsterten Transporttasche geliefert. Wirklich klein und leicht sind sie als ohrumschließende geschlossene Kopfhörer aber nicht. Die Verarbeitung ist hochwertig, der Tragekomfort gut bis sehr gut. Geladen wird das integrierte Akku über einen Mikro-USB-Anschluss (4 Stunden maximale Ladezeit), die Nutzungsdauer einer Akku-Ladung gibt Sony mit 22 Stunden an, was gut sein kann, denn ich bin nie an diese Grenze gestoßen.

NC-Kopfhörer hatte ich schon einige: sowohl offene ohraufliegende als auch In-Ohr-Typen (die man in den Gehörgang steckt). Keiner konnte mich wirklich überzeugen. Weder klanglich noch beim Handling, stets nervte das ins Kabel integrierte Steuergerät. Ganz anders der geschlossene Sony MDR-1RNC. Die Kombination aus geschlossenen System, das von sich aus schon für eine gute Abschirmung sorgt (und genug Platz für die Elektronik und das Akku birgt) und dem ausgefeilten Noise Canceling-System ist beeindruckend.  Tiefe Frequenzen in einem innerstädtischen Bus führten zwar zu unangenehmem Pumpen, und starke Windgeräusche mag der MDR-1RNC auch nicht.  Aber im Zug, im Flugzeug oder Überlandbus herrscht herrliche Ruhe, wenn der MDR-1RNC aufgesetzt und eingeschaltet ist. Auch andere Umgebungsgeräusche (z. B. ein Stimmengewirr auf Messen, auf Bahnhöfen oder Flugplätzen) werden nahezu perfekt ausgefiltert. Wer, wie Journalisten, öfter unter lauten Umgebungsbedingungen konzentriert arbeiten muss, wird die Möglichkeit schätzen, unter dem geschlossenen Noise-Canceling-Kopfhörer seine Ruhe zu haben und dabei vielleicht noch (leise) Musik zu hören oder auch Videos zu schneiden und dabei trotz lauter Umgebung weitgehend unbeeinträchtigt den Ton des Videos zu hören. Und der Klang des HDR-MV1RNC ist großartig! Nicht gerade wahnsinnig neutral, würde ich sagen, dafür mit einigem Wumms im Bass. Das aber keinesfalls unangenehm übertrieben, sondern sehr gefällig. Es macht wirklich viel Spaß, damit Musik zu hören. Und das nicht nur in lauten Umgebungen. In diesen konnte ich aber sogar deutlich leiser Musik hören, weil ich keine Störgeräusche mehr übertönen musste. Das wiederum führt dazu dass ich viel länger Musik hörte als sonst. Das Gefühl beim lauten Musikhören mit meinen diversen In-Ohr-Kopfhörern nach einiger Zeit mal eine Pause machen zu wollen, hatte ich mit dem Sony MDR-1RNC überhaupt nicht. Die befürchteten "heißen Ohren", die ich noch von früheren geschlossenen Kopfhörern kenne, gab es mit dem MDR-1 ebenfalls nicht. Da blieb nur ein Wunsch: Unbedingt haben wollen!

Fazit

Selten habe ich Testgeräte so ungerne zurück geschickt. Der Sony HDR-MV1 Musik-Camcorder macht viel Spaß, trotz meiner Kritik an der Bildqualität im Randbereich. Solange sich alles Wichtige in Bildmitte abspielt, ist alles gut. Die Tonqualität ist fantastisch und die Bedienung einfach. Wichtige Funktionen habe ich nicht vermisst. Das Gerät sieht schick und hochwertig aus und ist seiner Preisklasse entsprechend (und wie man es von Sony kennt) vernünftig verarbeitet. Der MV1 kostet 299 Euro unverbindliche Preisempfehlung und ist zum Zeitpunkt des Tests auch kaum günstiger zu haben. Den Preis finde ich angemessen.

Der Noise-Canceling-Kopfhörer Sony HDR-MV1RNC war eine Überraschung. Mit den geschlossenen, vollständig ohrumschließenden Ohrmuscheln scheint das Geräuschreduzierungssystem der neuesten Generation fast perfekt zu funktionieren und ist extrem wirksam. Die Klangqualität ist großartig. Die gesamte zusätzliche Technik verschwindet in den Ohrmuscheln, dadurch ist die Handhabung bequem. Der Tragekomfort ist ebenfalls sehr gut. Die Preisempfehlung liegt bei stolzen 399 Euro. Zum Zeitpunkt des Tests gibt es ein breites Angebot an Internet-Preisen im Bereich von 250 bis 300 Euro. Das ist für die gebotene Qualität günstig.

Vorteile

  • einfache Bedienung
  • flexibel nutzbarer Ton-Ausgang und Ton-Eingang
  • hervorragender Klang

Nachteile

  • Aufnahme-Kontrollleuchte kaum zu sehen
  • Bildqualität fällt zum Rand hin sichtbar ab