Seite 2 von 2Zur Seite 1 wechseln

Vorbildliches Handbuch

Die Bedienungsanleitung zur Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K ist übrigens wohl das Beste, was wir bei Kameras bislang gesehen haben. Die ist nicht wie üblich nach dem Motto "die Kurzanleitung muss in 100 Sprachen auf wenig Papier gebracht werden" geschrieben und layoutet, sondern wie ein E-Book. Die internationale Version enthält 11 Sprachen und umfasst satte 1.387 Seiten – 126 Seiten pro Sprache plus Titelseite. Das Handbuch ist großzügig und sehr detailliert, gut lesbar, farbig bebildert.  Und interessanterweise offensichtlich auch an Einsteiger gerichtet, denn vieles wird so beschrieben, dass kein (oder wenig) Fachwissen vorausgesetzt wird.

  • Bild Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K: Hier erkennt man gut den 17:9-Format Four-Thirds-Sensor im Micro-Four-Thirds-Bajonett. Die Position der Mikrofone ist nicht so günstig, wie es den Anschein hat. Sie liegen im handgehaltenen Betrieb oft im Griffbereich. [Foto: Blackmagic]

    Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K: Hier erkennt man gut den 17:9-Format Four-Thirds-Sensor im Micro-Four-Thirds-Bajonett. Die Position der Mikrofone ist nicht so günstig, wie es den Anschein hat. Sie liegen im handgehaltenen Betrieb oft im Griffbereich. [Foto: Blackmagic]

Rund 50 Seiten im Handbuch drehen sich um die ersten Schritte der Software DaVinci Resolve. Zu der gibt es auch noch ein ausführliches PDF-Handbuch, dies allerdings nur in englischer Sprache. Die extrem leistungsfähige (aber wohl auch leistungshungrige) Software von Blackmagic gibt es in zwei Versionen: DaVinci Resolve 15 und DaVinci Resolve Studio 15 mit noch mehr Features. Erstere ist für jedermann kostenlos erhältlich, die Studio-Variante für günstige 325 Euro. Nicht etwa als Jahres-Abo-Preis sondern als richtige Lizenz. Für eine Software dieser Leistungsklasse ist das sehr günstig (bei Adobe Premiere Pro zahlt man fast den gleichen Betrag schon im ersten Jahr an Miete). Wobei sich die Käufer der Blackmagic darüber sowieso keine Gedanken machen müssen, denn da ist sogar eine Lizenz der Studio-Variante von DaVinci Resolve 15 gleich mit enthalten. Das macht den Preis von knapp 1.400 Euro noch attraktiver.

Generell ist die Preispolitik von Blackmagic sehr kundenfreundlich. Das fängt beispielsweise beim Akku an. Diesen nennt Blackmagic einfach "handelsüblichen LP-6E-Akku". Gemeint ist Canon-Akku-Typ LP-E6, der seit vielen Jahren sehr weit verbreitet ist. Das Original von Canon kostet knapp 70 Euro. In unserem Testgerät war ein markenloser "No Name"-Akku mit 7,4 V 2000 mAh 18,8 Wh (laut Aufkleber). Bei Blackmagic kosten diese 45 Euro. Billiger bekommt man Akkus von bekannten Fremdherstellern (Hähnel, Hama usw.) meist auch nicht. Als "No Name" aber natürlich schon: Da bekommt man z. B. gleich zwei Stück schon für 40 Euro und weniger. Du kannst dich bei Bedarf also sehr günstig mit Wechselakkus eindecken.

Stromversorgung über internen Akku externe Stromquellen

Das ist auch gut so, denn der kleine Akku in der leistungshungrigen Kamera hält kaum eine Stunde durch. Willst du länger ununterbrochen filmen oder nicht dauernd LP-E6-kompatible Akkus wechseln, kannst du die Pocket Cinema Camera 4K über deren 12V-Eingang mit Strom versorgen. Buchse und Stecker sind aus Metall und verriegeln automatisch. Am Kabel ziehen reicht nicht, man muss schon am Stecker ziehen (genauer gesagt, an dem Entriegelungs-Überwurf), damit der sich herausziehen lässt. Ein kleines Stecker-Netzgerät liefert Blackmagic gleich mit. Das versorgt die Kamera stationär mit Strom und lädt dabei auch gleich den Akku in der Kamera. Für 65 Euro gibt es zudem optional ein Kabelpeitschen-Set mit dem du die Kamera an verschiedene 12-Volt-Stromversorgungen anschließen kann. Ein Akku muss übrigens in der Kamera immer eingesetzt sein. Dieser wird über die externe Stromversorgung geladen, auch wenn die Kamera läuft. Wird die externe Stromversorgung unterbrochen, läuft die Kamera nahtlos mit dem internen Akku weiter.

  • Bild Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K: Durch den Rahmen um den 5-Zoll-FullHD-Touchscreen kann man den Eindruck bekommen, dass man den Monitor abklappen könne – was aber leider nicht der Fall ist. [Foto: Blackmagic]

    Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K: Durch den Rahmen um den 5-Zoll-FullHD-Touchscreen kann man den Eindruck bekommen, dass man den Monitor abklappen könne – was aber leider nicht der Fall ist. [Foto: Blackmagic]

Laden kannst du den in der Kamera eingesetzten Akku übrigens auch gut und relativ schnell über den USB-C-Anschluss. Das geht aber nur im ausgeschalteten Zustand. Er ist also nur zum Zwischenladen in Drehpausen unterwegs gedacht, z. B. im Auto mit einem 12V-Adapter oder mit einem externen Akku-Pack (Powerbank). Direkt betreiben kannst die Pocket Cinema Camera 4K über USB-C nicht – sobald du die Kamera einschaltest, zieht sie Strom aus dem LP-E6-Akku und nicht aus der angeschlossenen USB-C-Stromquelle.

Speichermedien

Die USB-C-Buchse dient natürlich nicht zur zum Aufladen des Akkus, sondern sie hat noch zwei weitere Funktionen. Die normalste aller Anwendungen gehört interessanterweise nicht dazu: Wenn du vermutest, du könntest die Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K wie praktisch jede andere digitale Fotokamera oder Actioncam per USB-Kabel an deinen PC oder Mac anschließen und dann auf die auf den Speicherkarten gespeicherten Videos und Fotos zugreifen, liegst du völlig falsch. Das geht, warum auch immer, nicht. Über die USB-Schnittstelle kann mit der Blackmagic-Update-Software eine neue Firmware eingespielt werden (habe ich während des Tests gemacht, auf die neue Version 6.1) und es kann mehr oder weniger eine handelsübliche portable SSD als direkter Datenspeicher für die Videos angeschlossen werden. "Mehr oder weniger" soll heißen, dass nicht jede portable SSD die nötige Geschwindigkeit erfüllt. Aber es gibt eine relativ lange Liste im Kamera-Handbuch mit getesteten SSDs und den Video-Einstellungen, für die sie jeweils maximal geeignet sind. Falls du schon eine externe Mini-SSD hast: Es gibt von Blackmagic eine Disk Speedtest-Software, mit der du testen kannst, ob die Geschwindigkeit reicht. 

Preisgünstiger kannst du Hochleistungs-Speichermedien eigentlich nicht bekommen. Und Bequemer geht es auch kaum. SSD von der Blackmagic abziehen, an den PC anstecken, und direkt damit losarbeiten. Nachteilig ist eigentlich nur, dass die kleinen Kästchen dann lose außen am Kameragehäuse herumbaumeln. Für einige dafür vorgesehene Modelle gibt es Halterungen mit 1/4-Zoll-Gewinde.

  • Bild Auf der Oberseite der Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K sitzt ein 1/4-Zoll-Gewinde für leichtes Zubehör. Die drei nebeneinander liegenden Funktionstasten können frei belegt werden. [Foto: Blackmagic]

    Auf der Oberseite der Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K sitzt ein 1/4-Zoll-Gewinde für leichtes Zubehör. Die drei nebeneinander liegenden Funktionstasten können frei belegt werden. [Foto: Blackmagic]

Direkt in der Kamera gibt es zwei Steckplätze, einen für CFast-2.0-Karten und einen für UHS-II-SD-Karten. Im Handbuch gibt es wiederum ein entsprechendes Kapitel, welche Speicherkarten für die hohen Datenraten der Pocket Cinema Camera 4K zertifiziert sind. Und die Datenraten sind wirklich astronomisch. Sie hängen von dem gewählten Aufzeichnungsformat und der Framerate (Bildwiederholfrequenz) ab.

Bei 4K-Videos mit 60 fps in verlustfreiem Raw passen gerade mal 7 Minuten Video auf eine 256 GByte CFast-Karte! Was dabei auf dem Speichermedium landet ist eigentlich gar kein Video, sondern Ordner, in denen pro Sekunde 60 DNG-Fotos (Einzelbilder!) mit 8,3 bzw. 8,8 Megapixeln abgelegt werden (vom Seitenverhältnis 16:9 bzw. 17:9 abhängig), und zwar als DNG, also Adobe-Raw. Dazu kommt noch der Ton im WAV-Format in einer Sekunde. So kommen astronomische Datenraten zustande, die die allermeisten Speichermedien völlig überfordern. Es gilt also einen vernünftigen Kompromiss zu finden. Das Handbuch von Blackmagic spezifiziert alle Speichermedien beispielsweise ohnehin bis maximal 30 fps bei verlustfreiem Raw. Bei meinem Versuch verlustfreies Raw auf einer von Blackmagic zum Test mitgeschickten externen SSD aufzuzeichnen brach die Aufzeichnung nach 7,6 Sekunden ab. In dieser kurzen Zeit waren bereit 3,44 GB an Daten auf die SSD geschrieben worden, also rund 300 MByte pro Sekunde was einer Datenrate von knapp 2386 MBit/s entspricht. Bei allem, mit dem ich mich bisher so befasst habe, war man schon mit einem Zwanzigstel davon sehr zufrieden!

Etwas moderater wird die ganze Sache, wenn man die Bilddatenrate runterschraubt und vor allem, wenn man nicht Raw-Einzelbilder auf der Speicherkarte speichert, sondern ein Apple-ProRes-Video. Das sind dann mehr oder weniger normale .MOV-Dateien. Das "beste" bzw. speicherhungrigste ProRes-Video (ProRes 422 HQ) braucht ziemlich genau so viel Platz wie das am stärksten komprimierte Rohformat-Video (CinemaDNG RAW 4:1): damit passen dann immerhin 43 Minuten auf ein 256 GB Speichermedium. Damit kann man leben. Aber auch hier muss dem Anwender klar sein: Das sind erstens Datenmengen, die man nicht einfach mal irgendwo abspielt und zweitens ist das immer noch ein Format, das erstmal in einer geeigneten Software (z. B. DaVinci Resolve) verarbeitet werden muss. Die höchst-komprimierten Videos, die die Pocket Cinema Camera 4K erzeugt (ProRes 422 Proxy) haben in 4K (UHD) mit 30 fps immer noch eine Bitrate von 178 MBit/s. Die konnte ich wenigstens mit dem Kodi-Medienplayer auf einem normalen Windows-PC ruckelfrei abspielen.

Fazit

Blackmagic verfolgt mit der Pocket Cinema Camera 4K ein interessantes Konzept. Wer bisher mit digitalen Fotokameras gefilmt hat, weil sie gut und günstig für seine Zwecke sind, bekommt hier eine Alternative ohne jeden Foto-Ballast. Kompromisslos auf Video getrimmt, aber insgesamt natürlich nicht ohne Kompromisse – kein Wunder bei dem günstigen Preis für die enorme Leistungsfähigkeit. Die internen Mikrofone enttäuschen, externe Mikrofone lassen sich aber problemlos anschließen. Die Haptik ist nicht so toll, aber wer will, kann die Kamera problemlos in einen stabilen Alukäfig packen und dank vorhandener Gewinde auch sehr sicher darin verschrauben. Dass ein Sensorshift-Bildstabilisator fehlt, schränkt das Filmen aus der Hand ein, ist bei dem Preis aber verständlich. Auch dass sie überhaupt keinen Sucher hat, wird für manche Anwender ein No-Go sein, aber ein guter Sucher hätte einen ordentlichen Aufpreis verursacht.

  • Bild Auf der Unterseite der Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K erkennt man den Lufteinlass für den Lüfter. Das Stativgewinde ist über eine Metallplatte, die die Last verteilt, mit dem Kunststoffgehäuse verbunden und kann bei Bedarf leicht ersetzt werden. [Foto: MediaNord]

    Auf der Unterseite der Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K erkennt man den Lufteinlass für den Lüfter. Das Stativgewinde ist über eine Metallplatte, die die Last verteilt, mit dem Kunststoffgehäuse verbunden und kann bei Bedarf leicht ersetzt werden. [Foto: MediaNord]

Der riesige, leider nicht klappbare Touchscreen-Monitor hingegen überzeugt ebenso wie die mit ihm erreichte durchdachte und zeitgemäße Bedienung. Hinsichtlich der bei der Aufzeichnung möglichen Datenraten setzen nur die Speichermedien Grenzen, wobei sich die Pocket Cinema Camera 4K mit wahlweise SD-Card, CFast oder extern angeschlossenen SSDs flexibel zeigt. Dasselbe gilt für die Stromversorgung. Die geringe Laufzeit des internen Akkus sei ihr verziehen, weil Blackmagic sich so offen für Alternativen zeigt, dass sogar Selbstbaulösungen in der exzellenten Bedienungsanleitung behandelt werden. Die Pocket Cinema Camera 4K ist sicherlich keine Videokamera, die für jeden passt. Aber wer mit den Einschränkungen gut leben kann, bekommt eine erstaunlich günstige Kamera, die kinderleicht zu bedienen ist, und Videoausgangsmaterial in höchster Qualität für die folgende Nachbearbeitung produziert.

Weitere Infos

Dieser Artikel kann die Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K natürlich nicht erschöpfend behandeln. Wenn du dich für die Pocket Cinema Camera 4K interessierst, empfehlen wir dir die in den nachfolgenden Links zusammengestellten Quellen.

Vorteile

  • sehr gute Bildqualität
  • ProRes und Cinema DNG
  • professionelle Datenraten mit bis teilweise mehr als 2 GBit/s
  • externe SSDs können zur Speichermedien verwendet werden
  • exzellente Menüführung und Touchscreen-Bedienung
  • hervorragende Bedienungsanleitung

Nachteile

  • sehr kurze Akku-Laufzeit
  • Bildschirm nicht neigbar
  • eingebaute Mikrofone sehr anfällig für Kamerageräusche