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Eine der nützlichsten ist das Time Shift Shooting. Hierbei erzeugt die Kamera nicht, wie sonst üblich, das gesamte 360-Grad-Foto mit einem Klick, sondern es werden zwei Einzelaufnahmen mit jeweils 5 Sekunden Selbstauslöser-Vorlauf gemacht. Hierdurch muss man, wenn man selbst nicht mit auf dem Bild sein will, nicht mehr den Raum verlassen und die Kamera mit dem Smartphone fernauslösen. Das kann Einiges an Zeit sparen, insbesondere, wenn man viele solcher Aufnahmen machen muss. Es genügt, die Theta Z1 auf ein Stativ zu stellen, den Auslöser zu drücken, nach fünf Sekunden wird das erste Teilbild aufgenommen (die Seite, die vom Auslöse-Knopf und Display weg zeigt), danach wechselt man die Seite und nach weiteren fünf Sekunden macht die Kamera das zweite Foto von den anderen 180 Grad. Beide Aufnahmen werden dann ganz normal wie ein einzelnes Foto zusammen gespeichert als JPEG oder DNG+JPG.

Nun aber zum Eigentlichen. Den Fotos und Videos, die die Theta Z1 produziert. Wir fahren zu unserem Lieblings-Panorama-Kamera-Testmotiv, der ehemaligen Wassermühle am Lübecker Mühlenteich. Ein schön "fieses" Testmotiv mit hohen Kontrasten, vielen Details und normalerweise auch etwas "Action" durch das sprudelnde Wasser. Bei unserem Besuch war aber ganz offenbar kein überschüssiges Wasser im Mühlenteich, sodass da diesmal gar nichts sprudelte. Dafür scheint die Sonne, was ja im Winter in Norddeutschland gefühlt eher selten vorkommt. Dort schrauben wird die Theta Z1 mittels Stativgewinde auf unsere schöne 4,7-Meter-Carbon-Stange von Manfrotto und lassen sie mal überm Wasser "fliegen". Die Aufnahmen umfassen JPEGs, JPEG+DNG und Videos, alles bequem ferngesteuert durch die App. Anschließend geht's zur Auswertung ins Büro und zu weiteren Testaufnahmen im Labor.

Die in der Kamera fertig aufbereiteten und als JPEG gespeicherten Fotos enttäuschen dabei zunächst etwas. Zwar haben sie 22,6 Megapixel Auflösung, aber sie sind sind ziemlich weich und zeigen eine aquarellartige Bildaufbereitung, die man bei vielen Kameras mit kleineren Sensoren kennt, aber auch bei einigen 1-Zoll-Kompaktkameras, wenn diese Fotos bei wenig Licht machen. Hier aber schien aber die Sonne, die ISO-Werte liegen je nach Foto im Bereich von ISO 160 bis ISO 320, die Belichtungszeiten bei 1/160 bis 1/200 Sekunden. Also eigentlich alles im günstigen Bereich, das hat die Automatik durchaus gut gewählt. Dennoch macht sich ganz offensichtlich die Rauschunterdrückung mit Nachdruck über das Bild her, homogenisiert die Ziegelsteine und nimm der Moosfläche auf dem Dach des ehemaligen Mühlrads ihre Struktur. Schlimmer noch: Viele der Blätter, die dort liegen werden scheinbar einfach automatisch wegretuschiert! Sehr schade. Dazu passt die magere Dateigröße von rund 7 bis 8 Megabyte pro JPEG. Wenn sowieso wenig Details im Foto sind, kann man eigentlich auch schadlos eine starke JPEG-Kompression wählen.

  • Bild So sieht die Ricoh Theta Z1 ihre Umwelt. Zwei kreisrunde Aufnahmen, eine für jedes Objektiv. So speichert die Kamera die Aufnahmen als DNG-Rohdaten. Dabei ist der Horizont auch nicht gerade, falls die Kamera bei der Aufnahme schräg gehalten wurde. [Foto: MediaNord]

    So sieht die Ricoh Theta Z1 ihre Umwelt. Zwei kreisrunde Aufnahmen, eine für jedes Objektiv. So speichert die Kamera die Aufnahmen als DNG-Rohdaten. Dabei ist der Horizont auch nicht gerade, falls die Kamera bei der Aufnahme schräg gehalten wurde. [Foto: MediaNord]

  • Bild Dasselbe Bild wie eben, aber gestitcht mit dem Plug-in für Lightroom. Dabei konnten wir alle Einstellungen auf "Automatik" lassen. Die Schrägstellung wird automatisch erkannt und ausgeglichen und beide Teilbilder perfekt verbunden. [Foto: MediaNord]

    Dasselbe Bild wie eben, aber gestitcht mit dem Plug-in für Lightroom. Dabei konnten wir alle Einstellungen auf "Automatik" lassen. Die Schrägstellung wird automatisch erkannt und ausgeglichen und beide Teilbilder perfekt verbunden. [Foto: MediaNord]

Aber zum Glück haben wir ja noch die DNG-Dateien. Diese enthalten tatsächlich die mehr oder weniger "rohen" Bilder, d. h. da ist auch noch nichts zusammengefügt und zusammengerechnet, sondern das Bild enthält zwei kreisrunde Aufnahmen, so wie die beiden Kameraobjektive die Welt sehen. Und die beiden Einzelaufnahmen sehen in Adobe Lightroom schon sehr vielversprechend aus. Zwar sieht man durchaus etwas Bildrauschen, dem die kamerainterne Bildbearbeitung vollständig den Garaus gemacht hatte und bei der Gelegenheit auch gleich alle feinen Details weggebügelt hat. Aber das Rauschen ist für unseren Geschmack gar nicht schlimm. Vor allem sind da durchaus viele Details vorhanden. Die Ziegelsteine haben Struktur, das Moos auf dem Dach ist einwandfrei als solches erkennbar. Farbsäume an den kahlen Zweigen der Bäume sind zwar vorhanden, aber im üblichen Rahmen.

Das ist etwas, mit dem man gut arbeiten kann. Etwas moderate Rauschunterdrückung. Etwas schärfen und Details herausarbeiten. Ein ganz kleiner Dreh an der Farbtemperatur, damit das Foto wärmer wird. Alles nur ganz feinfühlig. Dann von dort über den Umweg eines 16-Bit-TIFFs das Theta-Plugin angesteuert. Dort sind alle Einstellungen auf Automatik und das passt auf Anhieb hundertprozentig. Dann das gestitchte Foto zurück zu Lightroom und von dort aus nochmal ein gering komprimiertes JPEG (knapp 20 MByte) für die weitere Verwendung in beliebigen 360-Grad-Viewern. Die Arbeit hat sich gelohnt! Beim Betrachten des Ergebnisses mag man zunächst kaum glauben, dass das Foto aus der gleichen Kamera stammt, die den JPEG-Matsch abgeliefert hatte, den wir zuerst gesehen hatten.

  • Bild Vergleich JPEG vs. DNG. Beim JPEG (links) macht sich die Rauschunterdrückung über das Bild her und entfernt mit dem Rauschen auch gleich jede Menge Details, z. B. die kleine Schrift der Tafel, die im DNG (rechts, noch unbearbeitet) vorhanden ist. [Foto: MediaNord]

    Vergleich JPEG vs. DNG. Beim JPEG (links) macht sich die Rauschunterdrückung über das Bild her und entfernt mit dem Rauschen auch gleich jede Menge Details, z. B. die kleine Schrift der Tafel, die im DNG (rechts, noch unbearbeitet) vorhanden ist. [Foto: MediaNord]

Wer den Weg über Lightroom geht, wird nicht nur theoretisch mit mehr Details belohnt, die Fotos haben sogar effektiv mehr Pixel! Statt der von Ricoh versprochenen 6720 x 3360 Pixel (22,6 Megapixel) haben die DNG-Dateien nämlich 7296 x 3648 Pixel, also stolze 26,6 Megapixel. Davon sind natürlich etliche einfach mit der Farbe Schwarz gefüllt (alles was außerhalb des Bildkreises der Objektive liegt), aber dennoch bleibt eine nutzbares Höhe von 3648 pro Objektiv, die bei dem Verarbeitungsprozess über das Ricoh Stitch Plug-in auch korrekt in ein 7296 x 3648 Pixel großes äquirektanguläres Panoramabild umgerechnet wird. Und dessen Qualität kann sich wirklich sehen lassen. Um es genau zu sagen: Die Qualität liegt tatsächlich weit über dem, was wir bislang von vergleichbaren zweiäugigen Panoramakameras kennen. Wir haben das Foto hier eingebunden, damit Sie selbst schauen können.

Beispielfotos

Bei Video-Aufnahmen wiederholen sich dann leider wieder alle Tendenzen, die wir schon bei der kamerainternen JPEG-Aufbereitung beobachtet hatten. Die Videos zeigen statt Details ausgeprägte Flächenbildung, sind nicht detailreich, sondern wirken sehr stark komprimiert. Die 4K-Videos haben auch nur eine Bitrate von 55 Megabit pro Sekunde. Das ist für ein H.264-kodiertes 4K-Video zu wenig (ein 4K-Video in "ordentlicher" Qualität hat normalerweise ungefähr 100 MBit/s). Ein weiteres "Manko": Die Videos der Theta Z1 sind, obwohl in der Kamera fertig gestichet, nicht horizontal ausgerichtet, sofern man die Kamera nicht genau gerade hält. Hierzu ist eine weitere Konvertierung mit erneuter verlustbehafteter Komprimierung in der Desktop-App oder am Smartphone nötig. In solchen Fällen ist es besser, das Stitching der Videos in der Kamera abzuschalten und später durch die App machen zu lassen. Wesentlich mehr Qualität kommt dabei allerdings nicht heraus, weil auch bei diesen Videos schon (ähnlich wie bei den JPEGs) die Bildverarbeitung in der Kamera mit dem Rauschen alle feinen Details weggebügelt hat. Das Speichern der Videos mit horizontaler Ausrichtung heißt in der Desktop-App übrigens "Mit oben/unten schreiben…".

Fazit

Bei Fotos im JPEG-Format bleibt die Ricoh Theta Z1 weit hinter unseren Erwartungen zurück, zu sehr schadet die kamerainterne Bildverarbeitung der Qualität. Wer die Qualität der 1-Zoll-Sensoren und der hochwertigen Optiken ausschöpfen will, kommt nicht drum herum DNG-Rohdateien aufzunehmen und zu bearbeiten. Dann allerdings wird man mit einer wirklich sehr guten Fotoqualität belohnt und die Fotos haben sogar noch etwas mehr Megapixel als der Hersteller in seinen Spezifikationen verspricht. Die Videos der Theta Z1 wiederum kranken, noch mehr als die JPEG-Fotos, an suboptimaler Aufbereitung in der Kamera und starker Kompression, sodass am Ende nur mittelmäßige Qualität herauskommt (dies gilt auch dann, wenn man auf das Stitching der Videos in der Kamera verzichtet).

Mit der Z1 entfernt sich Ricoh somit einen weiteren Schritt von dem ehemals recht einfach zu handhabenden Theta-Workflow. Nicht nur muss sich der Anwender mittlerweile mit bis zu fünf verschiedenen Desktop-Programmen und zwei Smartphone-Apps für jedes Betriebssystem herumschlagen. Bei der Theta Z1 bekommt er eine dem Preis der Kamera angemessene Fotoqualität nur bei manueller Verarbeitung der DNG-Dateien in Adobe Lightroom Classic. Immerhin ist die eigentliche Aufnahme vor Ort mit der sehr handlichen Kamera sehr schnell und komfortabel von jedermann gemacht, eine Arbeitsteilung zwischen "Fotograf" und "Bildbearbeiter" also denkbar. Und wer den dann folgenden Nachbearbeitungsaufwand der DNGs nicht scheut, bekommt 27 Megapixel große Panoramafotos, die sich wirklich sehen lassen können.