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Durch die 2-Speicherkarten-Technik ist das Auslesen der Bilddaten übrigens etwas nervig. Grundsätzlich einfach ist es zwar, wenn du die Kamera per USB an den Rechner anschließt. Allerdings ist die USB-Schnittstelle sehr langsam, sodass die Datenübertragung in den Rechner sehr lange dauert. Viel schneller geht es per externem USB3-Kartenleser, aber dazu musst du beide Karten nacheinander aus der Kamera entnehmen (was etwas fummelig ist) und die darauf gespeicherten Daten in einer bestimmten Struktur auf der Festplatte ablegen, denn die GoPro Fusion Studio Software erwartet die Dateien nach ganz bestimmten Verzeichnissen getrennt für die beiden Speicherkarten. Wenn du die Struktur aber einmal angelegt hast und neue Videos immer dort hineinkopierst, ist das kein Problem.

  • Bild Auf der Oberseite der GoPro Fusion erkennt man die drei Mikrofone für den Raumklang. [Foto: MediaNord]

    Auf der Oberseite der GoPro Fusion erkennt man die drei Mikrofone für den Raumklang. [Foto: MediaNord]

  • Bild Die Unterseite der GoPro Fusion besteht aus einer stabilen Metall-Schiene, in die die Halterung eingeschoben wird. [Foto: MediaNord]

    Die Unterseite der GoPro Fusion besteht aus einer stabilen Metall-Schiene, in die die Halterung eingeschoben wird. [Foto: MediaNord]

Die GoPro Fusion bedient sich dem ersten Anschein nach wie eine GoPro Hero. Die bewährte Sprachsteuerung ist wieder mit an Bord und das Status-Display wird dir ebenfalls bekannt vorkommen. Dieses ist sogar beleuchtet. Wenn dich das stört, kannst du die Beleuchtung stark dimmen (dann allerdings gleich auf 10 %). Die Kamera selbst hat nur den Ein/Aus-Taster, mit dem die Betriebsart umgeschaltet wird (Foto/Zeitraffer/Video) und den Auslöser. Die Bedienung direkt an der Kamera bietet sich bei einer 360-Grad-Kamera aber eher nicht an. Die Sprachsteuerung ist da praktischer und natürlich die Bedienung mit der App. Interessanterweise hat GoPro die gesamten Zusatzfunktionen, die die Fusion braucht, mit in die normale GoPro App gepackt, die bislang nur für die normalen Actioncams war. Die Verbindung mit der Fusion per WLAN und Bluetooth klappt genauso gut wie mit einer Hero5 oder Hero6. Über die App kannst du alles wie gewohnt steuern. Nur in der Vorschau und bei der Wiedergabe siehst du halt vollsphärische Fotos und Videos und kannst dich darin bewegen und die Fotos und Videos sogar direkt teilen. Dabei wird aber quasi "quick and dirty" nur die Vorschau-Qualität geteilt, nicht die Qualität, die du beim Zusammenfügen am Windows-PC oder Mac mit der Fusion Studio Software erreichen kannst.

Nun aber zum Wesentlichen: der Bildqualität. Die liegt erwartungsgemäß oberhalb vergleichbarer Kameras, wie beispielsweise der Ricoh Theta V oder der Nikon KeyMission 360. Immerhin kostet die GoPro Fusion rund die Hälfte mehr und ist auch deutlich größer, vor allem im Vergleich zur winzigen Theta. Aber im Vergleich muss man sagen, dass sie den Mehrpreis definitiv Wert ist und den Aufpreis mindestens 1:1 in mehr Bildqualität umsetzt. Bei den Fotos ergibt sich im Vergleich zur Ricoh Theta V gar nicht mal so ein großer Unterschied. Die Fotos der Theta V sind halt auch ziemlich gut, das muss man sagen. Im Vergleich zur Nikon KeyMission 360 sind die Fotos der Fusion deutlich detailreicher. Die KeyMission erzeugt zwar nominal deutlich größere Bilder (30 Megapixel) im Vergleich zur Fusion (16,5 Megapixel). Effektiv steckt aber bei der Nikon nicht mehr drin, die Fotos der KeyMission 360 wirken unscharf, wie hochinterpoliert, die der GoPro Fusion (und der Ricoh Theta V) sind hingegen scharf.

Beispielvideo

Beispielvideo gedreht an der Wassermühle zwischen Mühlenteich und Obertrave in Lübeck. Verarbeitung mit GoPro Fusion Studio Software mit eingeschalteter Bildstabilisierung. Aus dieser resultiert die leicht Rotationsbewegung im Video. Das 5,2K-Video wird von YouTube leider automatisch auf 4K reduziert.

Bei Videos gewinnt die GoPro Fusion dann aber deutlich Abstand. Deren bessere Qualität hat allerdings einen relativ hohen Preis bei der Verarbeitung. Über die App kannst du bislang nämlich nur direkt auf YouTube oder Facebook teilen. Dazu werden die beiden Videos in der App nur mehr oder weniger provisorisch zusammengetackert und auf YouTube oder Facebook hochgeladen. Direkt kommst du gar nicht an die Ergebnisse heran, du kannst sie beispielsweise nicht per E-Mail versenden oder in einen Cloud-Speicher übertragen (all das mag sich mit künftigen Versionen der App noch ändern). Dafür geht die Verarbeitung aber auch sehr schnell und das Veröffentlichen ist sogar in 4K-Video-Auflösung möglich (was Ricoh ja bislang nicht hinbekommt). Die Nikon KeyMission 360, das muss man ihr hoch anrechnen, erzeugt die Videos bereits fertig in der Kamera. Aber die Qualität ist halt auch nicht so hoch, wie man es sich wünscht. Wenn man sich dann anschaut, was die Desktop-Software Fusion Studio veranstaltet, dann muss man wohl sagen: Viel mehr als das, was die GoPro Smartphone App auf die Schnelle macht – oder die Nikon KeyMission 360 sogar in Echtzeit auf die Speicherkarte schreibt – ist anscheinend derzeit technisch einfach nicht drin.

Ganz anders sieht es aus, wenn externe Software auf PCs oder Macs zum Einsatz kommt. Allerdings ist dann auch nichts mehr schnell. Die Software GoPro Fusion Studio rechnet nämlich auf meinem nicht ganz leistungsschwachen PC (ein Asus-Notebook, neu auf den Markt gekommen Sommer 2017, mit Intel i7, 16 GB RAM und SSD, allerdings mit interner Intel HD Grafik 620) an einer Minute Ausgangsmaterial rund 40 Minuten (!), um daraus ein 4K-H.264-360-Grad-Video zu erzeugen, das man direkt verwenden kann. Mit einer leistungsfähigeren Grafikkarte kann sich die Render-Zeit immerhin drastisch verkürzen, liest man im GoPro-Forum. Zehn Minuten oder weniger sind unter Umständen pro Film-Minute drin. Aber das ist natürlich immer noch viel Zeit. Die genaue Zeit hängt übrigens auch stark von den verwendeten Einstellungen ab. Wenn du beispielsweise den GoPro-spezifischen CineForm-Codec verwendest als Zwischenformat, um die Videos in Adobe Premiere weiterzuverarbeiten, geht es tendenziell schneller. Dieses Format ist derzeit auch die einzige Möglichkeit die 5,2K-Videos irgendwie tatsächlich zu verwenden. Direkt anschauen lässt sich so ein 5,2K-Videos mit dem GoPro VR Player, einer Desktop-Software, die du kostenlos von der GoPro-Website herunterladen kannst. Mein Notebook-Computer spielte diese hochauflösenden 12,5-Megapixel-Videos aber nicht annähernd ruckelfrei ab. Die große Datenmenge überfordert meine Hardware ganz offensichtlich. Die Qualität lässt sich dennoch erahnen, wenn man einfach auf Pause klickt: Die Videos sind dermaßen scharf und detailreich und du kannst sogar sinnvoll hineinzoomen. Das Ergebnis der Ausschnitte aus dem 12,5-Megapixel-Video erinnert eher an das Betrachten eines Fotos (16,5 Megapixel) als an das, was man sonst von einem VR-4K-Video (8,3 Megapixeln) kennt – nur dass es sich dabei eben um ein Bewegtbild handelt. Das ist wirklich sehr beeindruckend, sofern die Wiedergabe-Hardware das hergibt.

  • Bild Unter der großen seitlilchen Klappe der GoPro Fusion gefindet sich das Akkufach und zwei Slots für MicroSD-Karten – eine Karte für jedes Kameramodul. [Foto: MediaNord]

    Unter der großen seitlilchen Klappe der GoPro Fusion gefindet sich das Akkufach und zwei Slots für MicroSD-Karten – eine Karte für jedes Kameramodul. [Foto: MediaNord]

Das Zusammenfügen der beiden Einzel-Videos, für das sich die Fusion Studio Software so viel Zeit nimmt, erfolgt entsprechend akkurat. Durchweg sehr gut gelingt das Angleichen der Helligkeiten und Farben im Randbereich, sodass sich ein wirklich homogenes zusammengesetztes VR-Video ergibt. Deutlich sieht man allerdings einen Qualitätsabfall im Randbereich, je nach Motiv unterschiedlich stark. Besonders undankbar sind extreme Kontraste im Schnittbereich der beiden Kameras. Liegen dort z. B. die schwarzen Zweige eines Baums vor hellem Himmel, wirst du höchstwahrscheinlich deutliche bis unangenehm starke Farbsäume im Video haben. So etwas bereits bei der Aufnahme zu berücksichtigen (und zu vermeiden), ist mitunter schwierig, denn GoPro empfiehlt ausdrücklich wichtige Motiv-Teile möglichst in die Mitte der beiden Kamera-Sichtfelder zu legen. Dort ist die Qualität am höchsten und nimmt dann zum Rand hin moderat ab. Am Rand, im Stitching-Bereich, weiß man aber nie so ganz genau, wie das später im fertigen Video aussehen wird. Meist klappt das Zusammenfügen aber wirklich gut, selbst bei Motiv-Teilen, die in der Nähe der Kamera sind. Das zeitaufwändige Stitchen per Desktop-App lohnt sich also ganz offensichtlich.

Bei der Weiterverarbeitung ist der normale Consumer derzeit allerdings noch auf die 4K-Auflösung beschränkt. Dabei spielt es praktisch keine Rolle, ob du ein 5,2K-Video mit Cineform-Codec renderst und dieses an YouTube übergibst oder direkt in der Fusion Studio Software ein fertiges 4K-Video für YouTube erzeugst. Am Ende sieht der Betrachter auf YouTube immer einen Ausschnitt eines 4K-Videos. Dieses sieht allerdings qualitativ sehr gut aus. Nicht ganz so gut, wie das 5,2K-Video im Player auf dem Desktop-PC, aber doch deutlich besser als alles, was ich bislang an Videos mit Panorama-Kameras erstellt habe.

So bin ich gespannt, was sich beim Workflow und bei der Software in den nächsten Monaten noch tun wird. Die Bildstabilisierung ist derzeit noch zurecht als "Beta" deklariert. Die Stabilisierung findet übrigens ausschließlich in der Software statt, die Kamera hat damit keine Arbeit. Und sie funktioniert derzeit schon gut, was die eigentliche Bildstabilisierungswirkung angeht, d. h. Bewegungen der Kamera werden effektiv beruhigt. Aber derzeit arbeitet die Stabilisierung nur im "Lock"-Modus, wenn man diese einmal mit einem Gimbal-Kopf vergleichen will. Und das ist eher die Betriebsart, die man praktisch nie braucht. In der Praxis bedeutet dass, dass die Kamera wirklich immer in die gleiche Himmelsrichtung schaut. Wenn du die Fusion also beispielsweise auf einem Autodach so montierst, dass die Vorderseite nach vorne schaut, und du fährst dann eine 90-Grad-Linkskurve (nach Westen), dann ändert sich die Blickrichtung im fertigen Video nicht. Der Betrachter guckt weiterhin nach Norden, also in Fahrtrichtung gesehen nach rechts. Es dürfte aber kein Problem sein, der Software ein sanftes Nachziehen beizubringen. Das werden wir sicherlich nächstes Jahr sehen. Auch das beworbene Overcapture, bei dem die Software einen FullHD-Bildausschnitt aus dem Rundum-Video erzeugt und als normales 2D-Video speichert, lässt sich derzeit im Grunde noch nicht nutzen, weil der Bildausschnitt nicht dynamisch geändert werden kann. Jedenfalls nicht in der Smartphone-App und nicht in der Fusion Studio Software (allenfalls vielleicht in Adobe Premiere mit Fusion-Plugin, das habe ich nicht getestet). Aber eine intuitive Wahl des Bildausschnittes per Smartphone- bzw. Tablet-App ist für Anfang 2018 angekündigt.

Fazit

Ausgereifte Hardware, noch nicht ganz ausgereifte Software, trotzdem schon empfehlenswert – so könnte das Fazit in der Ultrakurzfassung lauten. Wer nur Fotos machen will, wird auch anderswo günstiger und mit einfacherer Handhabung fündig. Für VR-Videos aber ist die GoPro Fusion derzeit erste Wahl und den Preis von 750 Euro kann man für die gebotene Qualität als angemessen bis günstig bezeichnen. Der Workflow ist eher etwas für Semiprofis. Dafür sind die Ergebnisse hochwertig und du kannst alles Wesentliche beeinflussen. Sowohl für die Desktop- als auch für die Mobil-Apps sind noch wichtige Erweiterungen angekündigt, insbesondere für Overcapture (normale Bildausschnitte extrahiert aus Panorama-Videos) und Bildstabilisierung. Die Hardware ist aber bereits ausgereift und setzt neue Maßstäbe bei den bezahlbaren vollsphärischen Panoramakameras.

Vorteile

  • sehr gute Foto und Video-Qualität
  • ausgereifte, leistungsfähige Hardware
  • mobiler Workflow gewährleistet (mit niedriger Stitching-Qualität)
  • ausgereifte Mobil-App (identisch mit GoPro Hero Modellen)
  • Sprachsteuerung

Nachteile

  • sehr lange Rendering-Zeiten am Desktop (Hardware-abhängig)
  • kein Stativgewinde
  • langsame USB-Schnittstelle
  • wichtige angekündigte Funktionen (Overcapture, Bildstabilisierung) erst künftig nutzbar