Elektromechanisches 3-Achsen-Schwebestativ für Smartphones In letzter Zeit erreichen uns wieder öfter Presseinformationen zu elektromechanischen Schwebestativen, die zunehmend auch interessante technische Merkmale und Zusatzfunktionen per Smartphone-App haben. Dies nehmen wir zum Anlass über diese nicht nur in News-Meldungen zu berichten, sondern uns auch einige der Geräte einmal zu einem Hands-on-Test in die Redaktion einzuladen. Den Anfang macht der "Profi Smartphone Gimbal" von Rollei, ein 3-Achsen-Gimbal auch für große Smartphones. Mittels passender App (für iOS und Android) lassen sie sich vom Griff aus fernauslösen.

  • Bild Der Rollei Profi Smartphone Gimbal eignet sich für praktisch alle Smartphones, auch für größere Modelle mit bis zu 6-Zoll-Display. [Foto: Rollei]

    Der Rollei Profi Smartphone Gimbal eignet sich für praktisch alle Smartphones, auch für größere Modelle mit bis zu 6-Zoll-Display. [Foto: Rollei]

Das Gerät kommt zerlegt in einer gepolsterten Hartschalentasche mit Reißverschluss, in der der Gimbal und sämtliches Zubehör übersichtlich Platz findet, für die Bedienungsanleitung gibt es im Deckel sogar eine Netztasche. Die mehrsprachige Anleitung beginnt mit vier Seiten in Deutsch. Alle Teile des Gimbals sind aus Aluminium oder hochwertigem Kunststoff und machen einen guten Eindruck. Extrem edel ist beispielsweise auch das mitgelieferte USB-Kabel: Ein Flachkabel mit in Metall eingefassten Steckern, passend in "Rollei-Orange" eloxiert, wie die Zierringe am Kopf oder das Alu-Griffstück.

In der Praxis zeigt sich, dass die Transporttasche ein recht ungünstiges Format hat. Der Gimbal kann darin nicht betriebsbereit verstaut werden, sondern du musst jedes Mal erst den Griff mit dem Akku an den Kopf schrauben, wenn du den Gimbal benutzen willst. Das ist ungefähr so, als würdest du bei einer Taschenlampe immer erst die Batterie einsetzen müssen, bevor du damit leuchten kannst. Wie beim Batteriewechsel einer Taschenlampe ist auch die Haptik. Der Akku sitzt in dem Griffrohr. Beides zusammen wird dann (wie bei einer Taschenlampe) mittels Schraubgewinde in den eigentlichen Kopf geschraubt. Das ist sicherlich machbar, aber ein eigentlich völlig unnötiger Arbeitsschritt, zumal Akku und Griff selbst zum Laden am Kopf montiert sein müssen (denn die USB-Buchse befindet sich am Kopf). Der einzige Vorteil der ständigen Demontage ist, dass sich der Akku nicht versehentlich oder schleichend (durch eine Standby-Funktion) entladen kann. Gut auch: Bei dem Akku handelt es sich um einen Lithium-Ionen-Standard-Akku (Typ 18650). Dieser kann also nicht nur selbst gewechselt, sondern auch äußerst preisgünstig und einfach als Ersatz oder als Zweitakku beschafft werden.

Zum Betrieb des Gimbals empfiehlt Rollei die Verwendung seiner Smartphone-App. Laut Bedienungsanleitung soll man sich im App-Store auf die Suche nach der Rollei-App "Smart Gimbal" machen. Damit wird man aber nicht fündig. Tatsächlich heißt die App sowohl im Google Play Store als auch im Apple iOS App Store "Rollei Profi Smartphone Gimbal App". Einmal gefunden ist diese schnell installiert und entpuppt sich als mehr oder weniger normale Foto-App. Von der App aus  lassen sich allerdings die Sonderfunktionen "Automatische Fotos bei erkannten Gesichtern" sowie die Panoramaautomatik starten. Zudem können über die Funktionstaste des Gimbals ganz bequem Fotoaufnahmen ausgelöst (einmal kurz drücken) oder die Videoaufnahme gestartet oder gestoppt werden (zweimal kurz drücken). Die Verbindung vom Gimbal zum Smartphone erfolgt dabei energiesparend per Bluetooth. Kopplungs-WiFi ist nicht nötig bzw. das Smartphone kann weiterhin im üblichen WLAN angemeldet bleiben.

  • Bild Zum Verstauen in der mitgelieferten Transporttasche muss der Rollei Profi Smartphone Gimbal teilweise demontiert werden. Zum Betrieb (oder auch zum Laden des Akkus) musst du dann den Griff mit dem Akku in den Kopf schrauben. [Foto: MediaNord]

    Zum Verstauen in der mitgelieferten Transporttasche muss der Rollei Profi Smartphone Gimbal teilweise demontiert werden. Zum Betrieb (oder auch zum Laden des Akkus) musst du dann den Griff mit dem Akku in den Kopf schrauben. [Foto: MediaNord]

Leider funktioniert das Auslösen der Fotos und das Starten und Stoppen der Videoaufnahmen wirklich nur mit der Rollei-App für den Gimbal. Falls Rollei die App mal nicht weiterentwickelt für neue Betriebssystem-Versionen, kannst du den Gimbal im Grunde nur noch eingeschränkt verwenden oder musst parallel eine andere Auslösefernbedienung benutzen. Das Auslösen am Smartphone direkt ist natürlich möglich, ist aber nicht sehr praktikabel, wenn das Smartphone im Gimbal geführt wird. Warum die Auslösefunktion nicht auch als einfache Bluetooth-Fernbedienung für die Kamera genutzt werden kann (solche gibt es ja zahlreich zu kaufen, auch z. B. eingebaut im Griff von Selfie-Sticks), erschließt sich mir nicht. Wäre dies so, könntest du mit dem Gimbal direkt mit der Foto- oder Video-App deiner Wahl arbeiten. So bist du an die Rollei-App gebunden.

Smartphone einsetzen

Die Arbeit mit dem Gimbal beginnt zunächst (nach dem Zusammenbau) mit dem Einsetzen des Smartphones in die Halterung. In den Rollei Profi Smartphone Gimbal passen selbst große Smartphones mit 6-Zoll-Display hinein. Die große Plus-Version des iPhone 6/6S/7 lässt sich sogar inklusive Lederhülle noch in die Halterung einsetzen. Maximal 8,4 cm Spannbreite der Halterung haben wir nachgemessen.

  • Bild Die Klemme des Rollei Profi Smartphone Gimbal lässt sich auf bis zu 8,4 cm aufspreizen. So breit darf das Smartphone maximal sein. Für große bzw. schwere Smartphones liegt ein Zusatz-Gegengewicht bei. [Foto: Rollei]

    Die Klemme des Rollei Profi Smartphone Gimbal lässt sich auf bis zu 8,4 cm aufspreizen. So breit darf das Smartphone maximal sein. Für große bzw. schwere Smartphones liegt ein Zusatz-Gegengewicht bei. [Foto: Rollei]

Sofern das große (und schwere) Smartphone im Kopf dann linkslastig ist, musst du das mitgelieferte Gegengewicht unter der Abdeckung des direkt am Smartphone sitzenden Motors anbringen. Das Smartphone selbst in die Klemm-Halterung einzusetzen, ist gar nicht so einfach, denn es fehlt irgendwie die Griffmöglichkeit, mit der man die Halterung bequem aufspreizen kann. Gerade bei großen Smartphones macht die Klemme nämlich ordentlich Druck. Natürlich kann bzw. muss man die Halterung an den vorstehenden Griffwinkeln auseinanderziehen, aber genau dort, wo dann deine Finger sind, soll ja das Smartphone hinein! Schön wäre es, wenn die Spangen auch auf der Rückseite noch einen Griff hätten. Dann könnte man die Klemme hinten mit der einen Hand aufspreizen und vorne bequem das Smartphone einsetzen. Aber auch so bekommst du das Smartphone irgendwie in die Halterung und die Halterung hält das Smartphone bombenfest.

Wichtig ist, dass vor dem Einschalten des Kopfes die Motoren so "sortiert" sind, dass der Kopf für die Neigung rechts ist. Anders gesagt: Das Smartphone muss so im Querformat liegen, dass die Smartphone-Unterseite rechts ist (und nicht etwa links) und vorne, also zu dir zeigend (und nicht auf der dir abgewandten Seite, sozusagen hinter dem Gimbal-Kopf). Beim Einschalten justiert sich der Kopf dann binnen weniger Sekunden automatisch ein und hält das Smartphone standardmäßig waagerecht ("Schwenkmodus", darauf gehe ich weiter unten noch ein).

Handlage und Bedienung

Die Handlage ist natürlich recht kopflastig. Großes, schweres Smartphone oben, dann der Gimbal mit den drei Motoren und das kleine Bedienteil. Darunter das zierliche Griff-Rohr. Praktischerweise wirst du den Gimbal aber genau an dem orangenen Alu-Griff halten, denn sonst kommst du nicht gut an die Bedienelemente heran. Eine sehr gute Möglichkeit ist es aber, den Gimbal, wenn möglich, mit beiden Händen zu führen. Die "Bedienhand" (bei Rechtshändern die rechte Hand) greift dann den orangenen Griff und betätigt die Bedienelemente. Die "Führungshand" greift höher, in dem geriffelten Bereich oberhalb der Bedienelemente. So lässt sich der Kopf wirklich sehr gut und sehr ruhig führen und du erhältst, unterstützt durch die 3-Achsen-Stabilisierung, eine absolut ruhige Kameraführung. Der Ausgleich durch den Kopf ist sehr gut. Selbst heftige Bewegungen bringen die Steuerung des Kopfes nicht aus dem Tritt. Aber heftige Bewegungen der Kamera wirst du sowieso versuchen zu vermeiden. Spannend ist ja, wie gut und quasi "unsichtbar" der Kopf bei ruhigen Bewegungen nachführt. Und das dies funktioniert wirklich gut!

  • Bild Blick von der Seite auf den Rollei Profi Smartphone Gimbal. Unter der Abdeckung mit dem Aufdruck "Rollei" wird bei großen und schweren Smartphones das Gegengewicht montiert. [Foto: Rollei]

    Blick von der Seite auf den Rollei Profi Smartphone Gimbal. Unter der Abdeckung mit dem Aufdruck "Rollei" wird bei großen und schweren Smartphones das Gegengewicht montiert. [Foto: Rollei]

Der Gimbal verfügt über je zwei Bedienelemente und Status-LEDs. Außer der schon erwähnten Funktionstaste, die neben dem Auslösen auch als Ein- und Ausschalter des Gimbals dient (jeweils länger gedrückt halten), gibt es noch einen kleinen Joystick, der zusätzlich ein Drucktaster ist. Die Bewegung (rechts/links/oben/unten) steuert sanft die Bewegung des Gimbals. Damit kannst du also die Smartphone-Kamera in die gewünschte Richtung drehen bzw. neigen. Über die Tast-Funktion steuerst du die verschiedenen Modi. Spätestens da wird aber die bis jetzt gute Bedienbarkeit "grenzwertig", denn wer soll sich ernsthaft die verschiedenen "Klick-Codes" merken können? Am besten druckst du dir das folgende, aus der Bedienungsanleitung abgescannte Bild mit den Erklärungen als Spickzettel aus, dann wird es irgendwie gehen. Alternativ ist die Seite 5 der Bedienungsanleitung dein Freund.

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