Videoüberwachung für's Kinderzimmer Als vor rund gut drei Jahren das erste Babyphone mit Video-Bild durch die Medien ging, konnte man prompt Kommentare wie "Ach nö, jetzt nicht auch noch Videoüberwachung im Kinderzimmer!". Aber wenige Jahre später scheinen sich Video-Babyphones dennoch etabliert zu haben. Unsere Recherche ergab jedenfalls über 20 verschiedene Geräte in dieser Klasse. Einer der bekanntesten Vertreter und seit März 2012 auf dem Markt ist das hier getestete Philips Avent SCD610.

  • Bild Philips Avent SCD 610 Digitales Video-Babyphone  [Foto: Philips]

    Philips Avent SCD 610 Digitales Video-Babyphone [Foto: Philips]

  • Bild Philips Avent SCD 610 Digitales Video-Babyphone [Foto: Philips]

    Philips Avent SCD 610 Digitales Video-Babyphone [Foto: Philips]

  • Bild Philips Avent SCD 610 Digitales Video-Babyphone: Die Kamera eingesetzt in die Wandhalterung. [Foto: Philips]

    Philips Avent SCD 610 Digitales Video-Babyphone: Die Kamera eingesetzt in die Wandhalterung. [Foto: Philips]

  • Bild An der Rückwand des Eltern-Teils des Philips SCD610 kann ein Bügel zum Aufstellen ausgeklappt werden. Das Akku hält 5 bis 7 Stunden. Alternativ kann an die Netzteil-Buchse kann ein Steckernetz angeschlossen werden. [Foto: MediaNord]

    An der Rückwand des Eltern-Teils des Philips SCD610 kann ein Bügel zum Aufstellen ausgeklappt werden. Das Akku hält 5 bis 7 Stunden. Alternativ kann an die Netzteil-Buchse kann ein Steckernetz angeschlossen werden. [Foto: MediaNord]

  • Bild Mit der Trageschlaufe kann das recht kleine und leichte Wiedergabe-Gerät des Philips Avent SCD610 um den Hals getragen werden. [Foto: Philips]

    Mit der Trageschlaufe kann das recht kleine und leichte Wiedergabe-Gerät des Philips Avent SCD610 um den Hals getragen werden. [Foto: Philips]

  • Bild Lieferumfang des Philips Avent SCD610 Digitales Video-Babyphone: Kamera mit Wandhalterung, Eltern-Teil mit Hals-Schlaufe, zwei Steckernetzgeräte mit langem Kabel. [Foto: MediaNord]

    Lieferumfang des Philips Avent SCD610 Digitales Video-Babyphone: Kamera mit Wandhalterung, Eltern-Teil mit Hals-Schlaufe, zwei Steckernetzgeräte mit langem Kabel. [Foto: MediaNord]

Das Prinzip ist schnell erklärt: Während normale Babyphones ausschließlich den Ton von der Basisstation zum mobilen Elternteil übertragen, gibt es bei Video-Babyphones noch das Videobild dazu. Die übliche Minimal-Funktionsweise gibt es noch dazu: das heißt, wenn im Kinderzimmer Ruhe herrscht (oder nur ein leises Atmen zu vernehmen ist), dann schaltet das Elternteil auf stumm. Erst eine gewisse Mindestlautstärke dringt dann durch und wird auch optisch mit hellen Leuchtdioden signalisiert. Auch das Videobild kannst du in dieser Weise "stummschalten", musst es aber nicht. Standardmäßig wird das Videobild permanent angezeigt. Bei Bedarf kannst du einen Bildausschnitt der Kamera vergrößert darstellen, zum Beispiel wenn du die Kamera nicht dicht genug beim Baby aufstellen kannst. Für die Kamera liegt auch eine Wandhalterung bei, aus der man die Kamera leicht entnehmen kann, wenn man sie woanders platzieren möchte. Über einen Kugelkopf kann man die Kamera auf ihrem Fuß stufenlos schwenken kann. Die Kamera muss immer mit Netzstrom versorgt werden (kein Akku- oder Batterie-Betrieb). Die Eltern-Einheit hat ein austauschbares 1050mAh-Lithiumionen-Akku, das einen Abend lang gut durchhält (5 Stunden mit kontinuierlicher Video-Anzeige, 7 Stunden mit gelegentlicher Video-Anzeige). Für ein Netzbetrieb des Elternteils liegt ein zweites Steckernetzteil bei, vom gleichen Typ, der auch die Kamera versorgt. Beide Netzteile haben jeweils ein etwa 3 Meter langes Kabel, sodass man meist eine Steckdose in der Nähe finden wird. Das Elternteil besitzt auf der Rückseite einen ausklappbaren Ständer, sodass du es bequem und kippsicher mit 45 Grad Neigung aufstellen kannst.

Nachtsichtgerät

Da ein Video-Babyphone natürlich auch dann etwas anzeigen soll, wenn es im Kinderzimmer dunkel ist, besitzt das Philips SCD610 einen Nacht-Modus. In dem Fall sendet es selber Infrarotlicht aus, erkennbar an mehreren rund um das Kameraobjektiv herum angeordneten Leuchtdioden, die dunkelrot leuchten. Das Bild schaltet dann auf einen Schwarzweiß-Modus um (siehe unser Beispielfoto), die grüne Darstellung, die Philips auf seinen Produktfotos zeigt, hatte unser Gerät nicht (wozu auch, schwarzweiß ist ja OK). 

Mehrere Kameras

Eine Besonderheit des Philips Avent SCD610 ist die Möglichkeit, Bilder von bis zu vier Kameras anzuzeigen. Nicht gleichzeitig natürlich, aber entweder wahlweise manuell oder automatisch per Schleife (für jeweils 20 Sekunden) ein Bild nach dem anderen. Die einzeln erhältlichen Kameras (ohne Elternteil) heißen Philips SCD609. Wichtig: Beim automatischen Durchschalten der Kamera steht die Geräuschaktivierung nicht zur Verfügung und umgekehrt. Das heißt konkret: Der schöne Standard-Modus "Das Elternteil bleibt stumm, bis sich im Kinderzimmer etwas regt" funktioniert mit mehreren Kameras nicht! Mehrere Kinder mit einem Elternteil überwachen geht damit also eigentlich doch nicht komfortabel. Außerdem kann es bei 20 Sekunden pro Kamera bei vier Kameras im ungünstigsten Fall bis zu 80 Sekunden dauern, bis die "richtige" Kamera (samt Ton) vom weinenden Kind auf dem Elternteil erscheint. 

Keine erweiterten Funktionen

Und damit wäre die ganze "Funktionsvielfalt" des Philips Avent SCD610 eigentlich auch schon aufgezählt. Fortgeschrittene Babyphone-Funktionen wie eine Anzeige von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, ein Temperatur-Alarm, Nachtlicht, Einschlaf-Musik oder Gegensprechanlage besitzt das Philips SCD610 ausnahmslos NICHT. Manches davon habe ich an unserem umfangreich ausgestatteten konventionellen Babyphone  (Philips SCD530) allerdings sowieso nicht genutzt. Dennoch finde ich es ungewöhnlich, dass die konventionellen Top-Geräte von Philips (ohne Video) so viel mehr Funktionen haben als die Video-Babyphones.

Reichweite

Die Funkverbindung wird digital über 2,4 GHz aufgebaut, also die WLAN-Frequenz, und soll 150 Meter reichen, je nachdem wie man die Werbung von Philips liest, entweder "mindestens" oder "maximal" 150 Meter (siehe Screenschot). "Mindestens" ist natürlich Quatsch. Der Anleitung kann man dann entnehmen, dass die 150 Meter "im Freien", also bei Sichtverbindung gemessen sind. So setzt man ein Babyphone ja eher nicht ein. Wer schon einige Erfahrung mit WLAN hat, dem schwant jetzt Böses, was die Reichweite in der Praxis angeht, wenn diese schon bei Sichtverbindung nur 150 Meter beträgt. Aber in meinem durchaus "WLAN-verseuchten" Haus schlug sich die Philips SCD610 wacker. Die Funkverbindung reichte sogar knapp über zwei Stockwerke jeweils mit Stahlbeton-Decke und darauf liegendem Estrich mit Fußbodenheizung. Die meisten WLAN-Geräte, kommen nicht so weit, weshalb zum Beispiel der Router auch im mittleren der drei Stockwerke installiert ist. Nur sobald man das Haus verlässt, ist Schluss. Das Philips SCD610 meldet dann mit rotem Bildschirm und Warnton, dass die Verbindung abgebrochen ist. Gartenarbeit während das Kind schläft, geht also nicht. Zum Vergleich: Unser klassisches Philips SCD530 Babyphone, dass auf der DECT-Frequenz funkt (wie ein Schnurlos-Telefon) ist mit 330 Metern Reichweite angegeben und deckt problemlos noch unseren gesamten Garten rund ums Haus herum ab.

  • Bild Zoomfunktion des Philips SCD610: Position des Zoom-Ausschnitts festlegen. [Foto: MediaNord]

    Zoomfunktion des Philips SCD610: Position des Zoom-Ausschnitts festlegen. [Foto: MediaNord]

  • Bild Zoomansicht des Philips SCD610: Die gezoomte Darstellung (Ausschnittsvergrößerung) erscheint auf dem Elternteil in gleicher Qualität wie die ungeszoomte Darstellung. [Foto: MediaNord]

    Zoomansicht des Philips SCD610: Die gezoomte Darstellung (Ausschnittsvergrößerung) erscheint auf dem Elternteil in gleicher Qualität wie die ungeszoomte Darstellung. [Foto: MediaNord]

  • Bild Philips SCD610 als Nachtsichtgerät: Im Nacht-Modus schalten sich in der Kamera Infrarot-Leuchtdioden zu. Die Anzeige am Elternteil wechselt dann auf Schwarzweiß. [Foto: MediaNord]

    Philips SCD610 als Nachtsichtgerät: Im Nacht-Modus schalten sich in der Kamera Infrarot-Leuchtdioden zu. Die Anzeige am Elternteil wechselt dann auf Schwarzweiß. [Foto: MediaNord]

Bildqualität

Die Bildqualität, auf die wir auf digitalEyes.de normalerweise großen Wert legen, muss man bei Video-Babyphone sicherlich nicht so sehr kritisch sehen. Schließlich wird hier nichts aufgezeichnet, sondern es kommt nur darauf an, dass man unter möglichst allen Bedingungen etwas erkennen kann. "Unter allen Bedingungen" würde ich so allerdings nicht unterschreiben, aber es geht so. Der LCD-Monitor der Eltern-Einheit ist von der allerbilligsten Sorte und zeigt ein sehr grobpixeliges Bild an. Die Kamera ist offenbar ein Stück besser, denn der oben beschriebene Zoom-Modus, der je im Grund eine Ausschnittsvergrößerung ist, funktioniert ohne sichtbaren Qualitätsverlust. Um zu sehen, ob das Kind noch da ist und wie herum es liegt, reicht die Qualität durchaus. Aber Details erkennt man nicht. Hinzu kommt, dass der Monitor extrem richtungsabhängig ist. Schaut man leicht von der Seite darauf, erkennt man eigentlich nichts mehr. Zum einen spiegelt die Kunststoff-Abdeckung sehr, zum anderen zeigt sich sofort ein Polarisations-Effekt (Farbumkehr), sobald man das Display von der Seite betrachtet. Mit starken Kontrasten hat es die Kamera ebenfalls nicht so. Bei einer von heller Sonne beschienene Bettdecke macht die Kamera den Rest des Bildes so dunkel, dass man dann von dem im Schatten liegenden Gesicht des Kindes kaum noch etwas sieht. In diesem Fall hilft der Zoom oder eine andere Ausrichtung der Kamera (weg von dem hellen Bereich). Nachts bei der Infrarot-Version tritt ein ähnlicher Effekt auf: Die Bettdecke erscheint gleißend hell, der Rest ist schlecht zu erkennen. Auch hier hilft wieder nur das Heranzoomen des relevanten Bildausschnitts oder ein anders Ausrichten. Insgesamt würde ich (mit relativ hohem Qualitätsanspruch) die Bildqualität als gerade noch ausreichend beurteilen.

Preis/Leistung

Die unverbindliche Preisempfehlung für das Philips Avent SCD610 beträgt 199 Euro. Bei Amazon bekommt man das Gerät zum Zeitpunkt dieses Tests bereits für knapp 132 Euro (Amazon-Marketplace: 125 Euro), siehe weiterführenden Link. Solche Differenzen zwischen Wunsch(-Preis) und Wirklichkeit sind bei Consumer-Produkten von Philips nicht ungewöhnlich. Die unverbindliche Preisempfehlung finde ich für die gebotene Leistung und den nicht allzu üppigen Funktionsumfang etwas hoch gegriffen. Der aktuelle Marktpreis passt hingegen recht gut zum Gerät. Zusätzliche Kameras (Philips SCD609) kosten UVP 99 Euro, Marktpreis ab 72 Euro. 

Fazit

Im Grunde handelt es sich bei dem Philips SCD610 um eine einfache Netzwerk-Überwachungskamera. Erweiterte Babyphone-Funktionalitäten (Temperaturanzeige usw.) bietet das Gerät nicht. Der mögliche Betrieb mit zusätzlichen Kameras, eigentlich die Besonderheit beim SCD610 gegenüber anderen Video-Babyphones von Philips, ist schlecht umgesetzt, weil dann die Stummschaltung (Sprachaktivierungsmodus) nicht mehr funktioniert. Die Bildqualität sowohl der Kamera als auch des Wiedergabemonitors sind sowohl bei Tag als auch bei Nacht ausreichend. Die Akkulaufzeit des Elternteils reicht gut für einen Abend. Die Reichweite ist in Ordnung, liegt allerdings deutlich unter der Reichweite klassischer DECT-Geräte. Wer mit den genannten Einschränkungen gut leben kann, bekommt zum aktuellen Marktpreis (ca. 130 bis 150 Euro) einen vernünftigen Gegenwert. Hauptvorteil des Philips Avent SCD610 ist seine einfache Bedienung, die standardmäßig keinerlei Konfiguration erfordert.

Vorteile

  • einfache Bedienung
  • recht große Reichweite

Nachteile

  • Multikamera-Funktion schlecht umgesetzt
  • geringer Funktionsumfang