PTZR-Live-Produktions-Kamera Bei der Obsbot Tail 2 handelt es sich um eine Live-Produktions-Kamera, die dank Schwenk-Neigekopf und Zoom komplett fernsteuerbar ist. Mit ihrer eingebauten KI-Motivverfolgung kann sie in einigen Situationen sogar einen Kameramann ersetzen. Nach mehreren „Trockenübungen“ im Büro und in der Natur hatten wir kürzlich die Gelegenheit, die Obsbot Tail 2 in einer Live-Veranstaltung einzusetzen und teilen hier unsere Erfahrungen mit dem leistungsfähigen Gerät.

  • Bild Die Obsbot Tail 2 PTZR-Kamera hat einen 2-Achsen-Gimbal und zusätzlich ein drehbar gelagertes 5-fach-Zoomobjektiv, ist also in drei Achsen beweglich. <span>[Foto: MediaNord]</span>

    Die Obsbot Tail 2 PTZR-Kamera hat einen 2-Achsen-Gimbal und zusätzlich ein drehbar gelagertes 5-fach-Zoomobjektiv, ist also in drei Achsen beweglich. [Foto: MediaNord]

Die Obsbot Tail 2 ist eine Live-Produktionskamera mit schier endlosen Möglichkeiten. Sie besitzt eine Schwenk- und Neigemechanik, kann zusätzlich ins Hochformat gedreht werden und hat einen optischen 5-fach-Zoom. Sie ist im Grunde sicherlich typischerweise in kleinen Studio-Umgebungen zu finden und wird dort über HTMI-Typ-A, USB-C, SDI- oder RJ45-Netzwerkbuchse an weiterverarbeitende Geräte angeschlossen – oder drahtlos per WLAN.

Andererseits hat sie aber einen eingebauten Akku und kann dadurch auch draußen in freier Wildbahn ganz unabhängig genutzt werden. Dort zeichnet sie z. B. auf eine eingesteckte Micro-SD-Karte auf, kann aber auch per Smartphone in die Welt streamen. Scheinbar gibt es nichts, was nicht geht. Der Ton kann über einen Mikrofon- oder Line-Eingang direkt eingespeist werden und mit übertragen bzw. aufgezeichnet werden. Weiteres Equipment für die Aufzeichnung braucht man also unter Umständen überhaupt nicht.

Dabei kann die KI-gestützte Verfolgung sogar einen Kameramann ersetzen – ideal unter anderem für Mini-Aufnahme-Teams oder „One-Man-Shows“. Über die Obsbot Tail 2 könnte man sicherlich stundenlang bzw. seitenlang schreiben. Wir wollen an dieser Stelle einen groben technischen Überblick über das vielseitige Gerät geben, vor allem aber auch von unseren Erfahrungen damit – auch in Verbindung mit Zubehör – berichten.

Genau an dieser Erfahrung haperte es übrigens längere Zeit. Ich habe die Kamera schon etliche Monate in der Redaktion und ausprobiert. Was noch fehlte, war der richtige, „harte“ Praxiseinsatz, bei dem sich die Kamera beweisen musste. Dieser ergab sich erst kürzlich bei den Jahresversammlungen eines Segelvereins, die seit ein paar Jahren von mir betreut „hybrid“ stattfinden, also sowohl live vor Ort als auch online mit per Zoom zugeschalteten entfernten Teilnehmern. Ein idealer Einsatzbereich für die Obsbot Tail 2. Aber dazu später mehr. Jetzt erst noch ein paar Worte zur Technik.

  • Bild Obsbot – Rückseite mit Anschlüssen. <span>[Foto: MediaNord]</span>

    Obsbot – Rückseite mit Anschlüssen. [Foto: MediaNord]

Technik der Obsbot Tail 2

Die gesamte in der Obsbot Tail 2 verbaute Technik aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Dazu verweise ich gern auf die sehr gut gemachte Website des Herstellers.

Die Obsbot Tail ist eine PTZR-Kamera. PTZ steht für Pan-Tilt-Zoom, das R steht für Rotate. Zusätzlich zum freibeweglichen Gimbal kann die Tail 2 nämlich die komplette Kameraeinheit rotieren. Das dient nicht nur dazu, das heute in einigen Social-Media-Plattformen wichtige Hochformat in voller Qualität zu realisieren, sondern es macht auch eine exakte Nivellierung der Kamera unnötig. Praktisch ist das also ein Drei-Achsen-Gimbal, ähnlich wie in einer Foto-Drohne, nur ein paar Nummern größer.

Knapp über ein Kilogramm Gewicht bringt die OBSBOT Tail 2 auf die Waage, ist also nicht gerade klein und leicht. Das ist auch dem stattlichen Objektiv geschuldet, das in einem 9,5 cm langen Zylinder mit 6,5 cm Durchmesser steckt. Neben der erwähnten Drehmechanik bietet es ein komplett innenliegendes, mit F1,8 bis F3,0 recht lichtstarkes Objektiv aus 12 Linsen und optischem 5-fach-Zoom. Die Kleinbild-Brennweite entspricht 22 bis 110 mm. Zur sicheren Führung ist natürlich auch der Gimbal entsprechend groß, und die bewegliche Einheit sitzt auf einem Gehäusesockel, in dem ein stattlicher Akku für bis zu fünf Stunden Dauerbetrieb und zahlreiche Anschlüsse sitzen. Die Unterseite ist natürlich mit einem Stativgewinde versehen, aber ebenso mit einer rutschfesten Gummifläche. Wenn ein geeigneter Untergrund vorhanden ist, kann man die Tail 2 also einfach dort aufstellen.

Als Kamerasensor kommt ein 1/1,5-Zoll-Typ mit Dual ISO, HDR und Phasen-Autofokus auf allen Pixeln zum Einsatz. OBSBOT gibt diesen mit 50 Megapixeln an, 8.192 x 6.144 Pixel sollen es sein. Damit lässt sich dann zusätzlich digital zoomen, sodass sich insgesamt ein 12-fach-Hybrid-Zoom ergibt (entsprechend ca. 260 mm Kleinbild-Telebrennweite). Die genannten Megapixel erreicht man aber weder beim Fotografieren noch beim Filmen. 4K ist in jedem Fall das Maximum. Sowohl bei Fotos als auch bei Videos kommen maximal 3.840 x 2.160 Pixel heraus. Bei der Videoausgabe erfolgt das mit flüssigen 60 Bildern pro Sekunde, die bei Bedarf verringert werden können. Maximal 120 fps sind es bei 1080p. Aus solchen Aufnahmen lassen sich nachträglich Zeitlupen erstellen.

  • Bild Die Obsbot Tail 2 PTZR-Kamera hat einen 2-Achsen-Gimbal und zusätzlich ein drehbar gelagertes 5-fach-Zoomobjektiv, ist also in drei Achsen beweglich. <span>[Foto: MediaNord]</span>

    Die Obsbot Tail 2 PTZR-Kamera hat einen 2-Achsen-Gimbal und zusätzlich ein drehbar gelagertes 5-fach-Zoomobjektiv, ist also in drei Achsen beweglich. [Foto: MediaNord]

Bei den drahtlosen und drahtgebundenen Schnittstellen gibt es praktisch nichts, was es nicht gibt. Drahtgebunden stehen außer HDMI und 3G-SDI auch eine RJ45-Netzwerkschnittstelle (1 GBit mit PoE+) zur Videobildausgabe und zur Steuerung bereit, um die Kamera in Produktionsumgebungen einzubinden. Dabei geht SDI bis 1080p, alle anderen Schnittstellen bis 4K. Parallel dazu (oder auch ausschließlich) kann die Tail 2 auf einer eingesteckten Micro-SD-Karte aufzeichnen, wahlweise mit H.264- oder H.265-Kompression und mit bis zu 160 MBit/s.

Dabei lassen sich die verschiedenen Videostreams – in gewissen Grenzen – unabhängig konfigurieren. Beispielsweise kann auf der Speicherkarte ein 4K30-Video gespeichert werden, während HDMI oder SDI mit 1080p genutzt wird, und parallel kann auch noch ein stärker komprimierter Live-Stream direkt an eine Video-Plattform gesendet werden. Reizt man die Bildwiederholfrequenzen aus, funktioniert die unabhängige Konfiguration der verschiedenen Ausgabekanäle nicht mehr. Dazu fehlt dem internen Prozessor dann offensichtlich doch ein ganz bisschen Rechenpower. Wer also z. B. unbedingt 4K60 nutzen will, kann nicht gleichzeitig eine andere Auflösung in einem anderen Übertragungsweg nutzen.

Auch zwei USB-C-Schnittstellen hat die Tail 2. Die eine dient der Stromversorgung (Betrieb und Laden des Akkus). Die andere ist eine vollwertige USB-3.0-Schnittstelle, mit der die Kamera Plug-and-Play als UVC-Webcam genutzt werden kann.

Darüber hinaus gibt es noch die Drahtlos-Schnittstellen Wi-Fi 6 und Bluetooth. Darüber kann die OBSBOT Tail 2 einerseits gesteuert werden (Bluetooth), andererseits kann auch ein Livebild in hoher Qualität ausgegeben werden. Und zwar entweder eingebunden in ein lokales WLAN oder on Location als Direktverbindung zum Smartphone oder Tablet. Darüber wiederum lässt sich dann auch direkt ein Videostreaming über das Mobilfunknetz realisieren.

Weitere Anschlüsse sind zwei 3,5mm-Klinkeneingänge für den Ton, einmal für Mikrofon und ein Line-Eingang (eingebaute Mikrofone hat die Kamera nicht, obwohl zwei kleine Löchlein vermuten lassen, dass dies mal geplant war). Hier kann man also etwa ein Drahtlos-Mikrofon anschließen. Je ein 2,5 mm RS232-Ein- und Ausgang dient der Fernsteuerung in professionellen Umgebungen.

Die Einrichtung und Steuerung der Kamera erfolgt mit der App OBSBOT Start vom Smartphone oder Tablet aus. Die Verbindung klappte bei uns sowohl über Android als auch über iOS auf Anhieb und vollkommen problemlos.

  • Bild Obsbot Tail Air intelligenter Fernbedienungs-Controller. <span>[Foto: Obsbot]</span>

    Obsbot Tail Air intelligenter Fernbedienungs-Controller. [Foto: Obsbot]

Alternativ kann die Kamera vom PC aus über die Software OBSBOT Center oder mit der optionalen Fernbedienung mit dem sperrigen Namen „OBSBOT Tail Air intelligenter Fernbedienungs-Controller“ gesteuert werden, auf Deutsch „Intelligente Fernbedienung OBSBOT Tail Air“. Diese Fernbedienung passt auch für andere PTZ-Kameras von Obsbot, die Tail Air ist eine davon.

Die Fernsteuerung hat auf der linken Seite mysteriöse Kontakte und eine Mechanik, die darauf hindeutet, dass man diese Fernsteuerung in irgendein anderes Gerät einklinken kann. Ein passendes Gerät konnten wir allerdings nicht finden und haben bei Obsbot nachgefragt, was es damit auf sich hat. Tatsächlich ist wohl geplant, dass die Fernsteuerung in einer zukünftigen Version des Obsbot Talent eingerastet werden kann. Obsbot Talent ist ein Live-Streaming-Gerät, das sich drahtlos oder per Kabel mit Kameras verbindet und über das man dann praktisch den Live-Videoschnitt und das Streaming steuert. Im Grunde von der Funktionalität etwa wie ein Blackmagic ATEM Mini, allerdings rein Touchscreen-basiert, ganz ohne „echte“ Tasten und Knöpfe. Eine künftige Version davon kann man dann offenbar um den Remote-Controller erweitern, indem man diesen einfach seitlich andockt.

Tipp Wenn Sie sich für die Obsbot Tail 2 interessieren, schauen Sie sich die Beispielvideos an, die ganz unten auf der Produktseite des Herstellers eingebunden sind. Diese enthalten nicht nur Probeaufnahmen, sondern auch informative Anleitungen (in der Regel auf Englisch) zur Verwendung mit Obsbot-Zubehör sowie mit Produkten anderer Hersteller.

Obsbot Tail 2 in der Praxis

Ich habe die Tail 2 im Grunde zwei verschiedenen Praxistests unterzogen. Zum einen hat es mich gereizt, wie sich die Kamera fernab jeglicher Infrastruktur macht, also ganz „stand alone“ in der sprichwörtlichen Natur. Die andere Anwendung waren die oben erwähnten Versammlungen, die gleichzeitig in Präsenz und online als Zoom-Onlinevideokonferenz mit mehreren Kameras und einem Blackmagic ATEM Mini stattfanden.

Der Einsatz „in der Pampa“ ist sicherlich nicht ganz typisch für solche Kameras. Da die Obsbot Tail 2 aber einen großen eingebauten Akku hat und auch direkt auf einer Speicherkarte aufzeichnen kann, spricht kaum etwas dagegen. Dieses „kaum etwas“ ist hauptsächlich der nicht vorhandene Spritzwasser- und Staubschutz. Eine Actioncam ist die Tail 2 halt nicht, und auf einem Segelboot, am Strand oder im Regen hat die Kamera nichts zu suchen.

Was ich beim Transport sofort vermisst habe, ist ein geeigneter Transportbehälter. Durch den in mehreren Achsen beweglichen Gimbal ist die Tail 2 „schwer zu greifen“ und auch im Grunde nicht einfach zu verpacken. Die Originalverpackung hat zwar eine sehr umfangreiche Polsterung, ist aber recht groß und eher ein Schmuckkarton und für den täglichen Transporteinsatz kaum geeignet. Ich habe mich damit beholfen, die Kamera in ein Einschlagtuch zu wickeln, und habe sie dann vorsichtig in einem ganz normalen Rucksack transportiert. Ich werde für die Kamera aber definitiv noch ein geeignetes Hardcase beschaffen und darin aus dem Würfel-Schaumstoff die nötige Aussparung herausarbeiten.

  • Bild Obsbot Tail 2 mit dem Schlitz für die Speicherkarte. <span>[Foto: MediaNord]</span>

    Obsbot Tail 2 mit dem Schlitz für die Speicherkarte. [Foto: MediaNord]

Zum Aufstellen der gut 1 Kilogramm schweren Kamera reicht ein mittelgroßes, stabiles Stativ. Dabei kann man sich jeglichen Stativkopf oder auch eine Nivelliervorrichtung, wie Videostative sie haben, getrost sparen, denn die Tail 2 braucht nicht ausgerichtet zu werden, sondern kann problemlos auch etwas schräg aufgebaut werden. Die interne PTZR-Mechanik gleicht das problemlos aus.

Ein stabiles Fotostativ mit abgeschraubtem Stativkopf reicht also vollkommen aus, es muss allerdings eine Voraussetzung erfüllen: Das Stativ muss oben unbedingt ein 1/4-Zoll-Gewinde haben, denn ein solches hat die Kamera. Bei Kameras ist das auch üblich. Stative haben unter dem Kopf aber häufig ein größeres 3/8-Zoll-Gewinde. Wenn sich das Stativ nicht umbauen lässt (ich habe ein größeres Traveller-Stativ verwendet, bei dem man den Gewindestift umbauen kann), sollte ein Adapter für die nicht gerade leichte Tail 2 sinnvollerweise eine vernünftig große Auflagefläche haben. Geeignet ist z. B. der nicht gerade günstige Manfrotto 120 Gewindeadapter.

Die Bedienung der Tail 2 erfolgt in freier Wildbahn dann sinnvollerweise über eine direkte Smartphone-Verbindung. Über Bluetooth bekommt man schnell eine erste Verbindung, die daraufhin auch die WiFi-Direktverbindung für das Live-Bild aufbaut. Damit lässt sich dann alles konfigurieren und auch die Aufzeichnung auf der Speicherkarte starten und stoppen.

Die Obsbot Tail 2 besitzt einen Steckplatz für eine Micro-SD-Speicherkarte (nicht im Lieferumfang enthalten). Obsbot empfiehlt die Verwendung einer Karte der Klasse U3, die exFAT- und FAT32-formatiert sein muss. Die maximale Speicherkapazität ist mit 1 TB getestet. Für den Test haben wir eine PNY High Endurance Pro Elite in der Größe 256 GB verwendet – sozusagen das zweite Testgerät in diesem Test. Die Speicherkarte ist speziell für Dauerbetrieb und Sicherheitsanwendungen bei Videoaufzeichnungen ausgelegt, fühlt sich aber natürlich auch in einer Live-Produktionskamera wie der Tail 2 pudelwohl. Die Karte ist mit der UHS-Speed-Class 3 (U3) bzw. V30 gekennzeichnet, garantiert also 30 MB/s. Sie übertrifft diese Mindestanforderung sogar um das Dreifache, allerdings mit der Einschränkung „bis zu“. Bis zu 90 MB/s Daten lassen sich konstant auf die Karte schreiben. Zum Zeitpunkt dieses Tests kostet die Karte in dieser Größe rund 40 bis 50 Euro.

Der Tail 2 Kamera würden auch die 30 MB/s reichen, denn die Datenrate bei 4K60 liegt bei bester Qualität in H.264 durchschnittlich bei etwa 160 MBit/s, das sind knapp 22 MB/s, die die Karte kontinuierlich aufnehmen muss. Bei 4K30 sind es übrigens maximal rund 85 MBit/s (ca. 11 MB/s), 1080p60 nur rund 40 MBit/s (5 MByte/s). In höchster Qualität (4K60) erzeugt eine Minute Aufzeichnung ungefähr 1,2 GByte Daten. Von der Speicherkarte sind effektiv 231 GB nutzbar. Es lassen sich somit über 3 Stunden Video in höchster Qualität aufzeichnen. Das ist sozusagen der ungünstigste Fall. Wer eine längere Aufzeichnungsdauer pro gegebener Speicherkarten-Kapazität benötigt, kann entweder in der Kamera die Bitrate stufenlos auf einen niedrigeren Wert einstellen oder auf H.265 wechseln oder eine geringere Bildrate und/oder geringere Auflösung wählen.

  • Bild Die im Test verwendete PNY 256 GB microSDXC Pro Elite High Endurance, hier zusammen mit dem SD-Karten-Adapter in ihrer Verkaufsverpackung. <span>[Foto: MediaNord]</span>

    Die im Test verwendete PNY 256 GB microSDXC Pro Elite High Endurance, hier zusammen mit dem SD-Karten-Adapter in ihrer Verkaufsverpackung. [Foto: MediaNord]

Die 4K60 haben ohnehin, wie oben schon erwähnt, die Einschränkung, dass dann alle Datenströme in diesem maximalen Wert laufen müssen. Wer parallel zur Aufzeichnung auf der Speicherkarte am HDMI-Ausgang z. B. 1080p zur Ausgabe beispielsweise an ein ATEM Mini benötigt, muss ohnehin auf der Speicherkarte mit 4K30 vorliebnehmen. Auch HDR funktioniert übrigens nur bis 4K30 – und auf HDR möchte man auch eigentlich nicht verzichten. So richtig wohl fühlt sich die Tail 2 also bis maximal 4K30. Nur dann stehen alle Funktionen zur Verfügung.

Zurück zum Einsatz in der Natur. Ich hatte mir den Spaß gemacht, im Duwenester Moor in der Nähe von Lübeck/Herrnburg, also wirklich in „wilder Natur“, die automatische KI-Verfolgung auszuprobieren. Kamera aufs Stativ. KI-Verfolgung eingeschaltet, das geht per Hand-Geste oder per Smartphone-App oder per Fernsteuerung, und dann hin- und hergelaufen und auch mal „hinterm Busch“ versteckt. Die Verfolgung arbeitet dabei ziemlich unbeirrt. Sie nimmt die Verfolgung auch zielsicher wieder auf, nachdem das „verlorene Objekt“ wieder auftaucht. Auch kurze Unterbrechungen, z. B. wenn man kurzzeitig von einem Hindernis verdeckt wird, den Weg aber in die gleiche Richtung fortsetzt, haben gute Chancen, nahtlos wieder aufgenommen zu werden.

Hierbei ist es hilfreich, nicht zu weit hineinzuzoomen. Wenn die Kamera noch einiges an Umgebung mit auf dem Bild hat, fallen ihr solche schwierigen Aktionen sehr viel leichter bzw. nur dann hat sie eine Chance, das Objekt überhaupt wiederzufinden. Die Kamera stoppt die Verfolgung nämlich sofort, sobald das Objekt nicht mehr sichtbar ist. Wenn man sehr stark hereinzoomt, z. B. nur auf den Kopf, und das Wiederauftauchen der Person dann außerhalb des Aufnahmebereichs des engen Bildwinkels liegt, hat die Kamera keine Chance, das Objekt wiederzufinden.

Sehr schön kann der Effekt sein, dass die Kamera nicht nur schwenkt, sondern gleichzeitig auch zoomt. Dann versucht die Kamera, das verfolgte Objekt also möglichst gleichgroß im Bild zu behalten. Das sieht dann tatsächlich schon ziemlich so aus, als hätte sich ein Kameramann damit wirklich viel Mühe gegeben! Je nach Anwendungssituation kann das aber natürlich auch ein sehr unruhiges Bild ergeben. Zu viel Schwenken und Zoomen ist auch nicht immer gut. Also am besten mit Bedacht einsetzen.

Weniger schön ist, dass die Kamera recht abrupt agiert. Die Kamera bemüht sich, das verfolgte Objekt exakt an der gleichen Position zu halten. Das Starten und Stoppen der Schwenks erfolgt dabei recht zackig. Gerade wenn ein Objekt nicht mehr weiterverfolgt werden kann, stoppt die Kamera unmittelbar. Ebenso geht es ruckartig weiter, wenn das Objekt dann wieder auftaucht. Da wünscht man sich einen sanften Anlauf und ein sanftes Abbremsen. Da die Kamera aber natürlich nicht voraussehen kann, wann das Motiv hinter einem Hindernis verschwindet und wo es dann wieder auftaucht, könnte ein sanfter Nachlauf dazu führen, dass das Motiv weniger zuverlässig wiedergefunden wird. Auf das Zoomen und Schwenken komme ich später noch einmal zurück.

Tipp Die Kamera dreht horizontal übrigens nicht komplett um 360 Grad, sondern sie hat einen Anschlag. Diesen kann man sich ggf. bei automatischen Verfolgungen zunutze machen! Denn nicht immer möchte man, dass die Kamera die Verfolgung bis zuletzt ausführt. Am einfachsten ist es dann, die Kamera horizontal so auszurichten, dass der Anschlag den Schwenkbereich an der gewünschten Position begrenzt. Dann kann man sich praktisch innerhalb des Ausschnitts noch ein wenig weiterbewegen, während die Kamera bereits am Anschlag stehen geblieben ist.

Mein zweiter Anwendungsfall war die genannte Hybrid-Veranstaltung (Versammlung via Zoom-Videochat und in Präsenz). Hier habe ich in den Vorjahren mit bis zu drei Kameras gearbeitet: eine davon ganz normal auf einem Stativ mit Videokopf. Aufgrund der Problematik, dass ich sowohl sehr nahe Personen (vorderste Reihe) als auch ziemlich weit entfernte Personen (hinterste Reihe) mehr oder weniger formatfüllend abbilden möchte, ist dabei ein großer Zoombereich von Weitwinkel bis Tele erforderlich, den nur sogenannte Reisezoom-Objektive abdecken. Auch die Obsbot Tail 2 mit ihrem 12-fach-Zoom (inklusive Digitalzoom) schien für diese Aufgabe gut geeignet. Außerdem reizte es mich natürlich, die Tail 2 in solch einem etwas anspruchsvolleren Einsatz zu erleben.

Durch das neue Setup hatte ich den Ehrgeiz, zur Abwechslung mit möglichst minimaler Ausrüstung zu arbeiten. Dieses bestand dann aus einem Blackmagic ATEM Mini Pro, das in einem Koffer weitgehend fertig verkabelt war. In dem Koffer war zudem auch noch Platz für sämtliche Kabel (HDMI, USB), Netzteile, Powerbanks, Mehrfachsteckdose und mehrere Drahtlosmikrofone samt 3D-gedruckten Handgriffen sowie die Obsbot-Fernsteuerung. In einen kleinen Rucksack kamen dann noch die Obsbot Tail 2 (geschützt im Einschlagtuch), eine GoPro-Actioncam mit HDMI-Ausgang samt Universal-Halterung und ein Traveller-Stativ plus Selfie-Stick als Verlängerung für das Stativ, dazu Laptop und Smartphone.

  • Bild Die Obsbot Tail 2 im Einsatz. Die Powerbank dient als zusätzliche Stromversorgung, auch für die parallel laufende Actioncam. <span>[Foto: MediaNord]</span>

    Die Obsbot Tail 2 im Einsatz. Die Powerbank dient als zusätzliche Stromversorgung, auch für die parallel laufende Actioncam. [Foto: MediaNord]

Den Selfie-Stick habe ich einfach auf das Traveller-Stativ geschraubt und oben darauf dann die Obsbot Tail 2. Anders hätte ich mit dem relativ kleinen Stativ nicht die nötige Höhe erreicht, um über alle Köpfe hinweg filmen zu können. Das funktionierte tatsächlich sehr gut. An den Selfie-Stick habe ich dann auch noch die Actioncam geklemmt, da sich am Rednerpult keine geeignete Perspektive damit einstellen ließ.

Mit der Smartphone-App lassen sich bis zu 3 feste Kamerapositionen einspeichern, bestehend aus Schwenkposition und Zoom. Mein Plan war es, fast nur mit der Obsbot Tail 2 zu filmen. Die Actioncam wollte ich nur als zweite Bildquelle nutzen, um z. B. bei Nachfragen aus dem Publikum am ATEM Videoschaltpult blitzschnell – auch wiederholt – zwischen Rednerkamera (Actioncam) und Publikumskamera (Tail 2) umschalten zu können. Die Tail 2 sollte auch als zweite Rednerkamera (andere Perspektive) zum Einsatz kommen. Dazu habe ich drei Positionen in der Obsbot abgespeichert: Publikumstotale, Redner weit (inkl. Leinwand) und Redner nah (Rednerpult). Die Actioncam lieferte eine zweite, mittelweite Perspektive aus etwas niedrigerer Position.

Zusätzlich, und das erwies sich als sehr wichtig, kann man auf der Fernbedienung eine Funktionstaste programmieren. Auf der Taste steht „Obsbot“ und die Taste steht (im Gegensatz zu den anderen Tasten) kaum aus dem Gehäuse der Fernsteuerung hervor. Ich hatte dabei zunächst gar keine Taste vermutet, sondern schlicht einen eingeklipsten Herstellerschriftzug ohne weitere Funktion. In den Einstellungen der Fernsteuerung über die Smartphone-App war dann aber von einer Funktionstaste die Rede, sodass ich mich auf die Suche gemacht und beim Obsbot-Schriftzug fündig geworden bin.

Die Taste kann man nur mit einer von wenigen Funktionen belegen, aber eine davon ist meiner Meinung nach dermaßen wichtig, dass ich es eigentlich sträflich finde, dass es hierfür nicht ohnehin standardmäßig eine Taste gibt: das Zurückfahren des Zooms auf 1-fach-Zoom. Ich will auch gleich erklären, warum diese Funktion eigentlich unerlässlich ist.

Die drei abspeicherbaren Kamerapositionen sind grundsätzlich eine tolle Sache. Bei Trockenübungen im Büro hat man auch zunächst den Eindruck, das sei eine perfekte, praktisch einsetzbare Lösung. In der Praxis stellt sich das leider etwas anders dar. Und das liegt nicht an der Funktion an sich, sondern daran, wie Obsbot diese aktuell implementiert hat.

Fährt die Kamera zu einer gespeicherten Position, dann schwenkt sie super schnell und zoomt dabei nur sehr langsam. Genau andersherum wäre es gut! Was aktuell passiert, kann unweigerlich folgende Situation hervorrufen: Beim Schwenk von einer stark herangezoomten Position (z. B. Redner-Detailaufnahme oder einer herangezoomten Person aus dem Publikum) in die gespeicherte Position „Totale“ (ohne Zoom) schwenkt die Kamera sehr schnell mit weiterhin hohem Zoomfaktor (z. B. 12x) durchs Publikum, dass dem Betrachter schlecht werden kann. Währenddessen zoomt die Kamera langsam aus. Dann stoppt die Kamera an der Endposition und zeigt dabei das in der Mitte der Totale befindliche Motiv mit immer noch starkem Zoomfaktor (z. B. 8x) während der Zoom langsam weiter zurückfährt. Es wird also potenziell immer wieder die gleiche Person in der Mitte der Totalansicht stark gezoomt gezeigt, was weder der Person noch der Regie gefallen kann.

Die Lösung – mehr oder weniger – liegt darin, dass man vorher zunächst die mit 1x-Zoom belegte Funktionstaste drückt und die Kamera dann bereits ein gutes Stück herausgezoomt hat, bevor man den Positionswechsel auf die gespeicherte Position auslöst. Deshalb halte ich die Taste 1x-Zoom für immens wichtig, zumindest solange Obsbot seiner Tail 2 keine andere Schwenk-und-Zoom-Strategie beibringt. Eine solche Verbesserung würde lauten: Erst herauszoomen, dann schwenken.

Und im umgekehrten Fall natürlich: Schwenken zunächst im Weitwinkel, und erst kurz vor dem Erreichen der Endposition mit dem Reinzoomen beginnen. Auch ein sanfter Anlauf und sanftes Abbremsen des Zooms wären nett. Der Zoom arbeitet generell nur mit einer Geschwindigkeit, egal auf welchem Wege man diesen steuert. Die Zoom-Geschwindigkeit ist „mittelschnell“ und ganz in Ordnung. Allerdings stören das schlagartige Beschleunigen und das abrupte Abbremsen an der Endposition.

Praktisch alles, was man mit der Fernsteuerung machen kann, kann man übrigens auch mit der Smartphone-App machen. Von dort aus lassen sich die Positionen nicht nur abspeichern, sondern natürlich auch ansteuern. Was die Smartphone-App leider (!) noch nicht kann: Sie hat besagte belegbare Funktionstaste nicht! Es wäre für die Entwickler natürlich eine Kleinigkeit, diese nachzurüsten, aber solange dies nicht der Fall ist, hat die Fernsteuerung einen Pluspunkt.

  • Bild Bedienoberfläche der Obsbot Start App bei der Fernsteuerung der Kamera mit eingeblendetem Joystick für die manuelle Gimbal-Steuerung und mit aktivierter Personenverfolgung (grünes Rechteck). <span>[Foto: MediaNord]</span>

    Bedienoberfläche der Obsbot Start App bei der Fernsteuerung der Kamera mit eingeblendetem Joystick für die manuelle Gimbal-Steuerung und mit aktivierter Personenverfolgung (grünes Rechteck). [Foto: MediaNord]

Die „Gimbal-Weichheit“ kann man übrigens in der Smartphone-App einstellen. Diese habe ich auf den Wert 9 von 10. Eingestellt. Es gibt aber keine Einstellung für „Zoom-Weichheit“.

Ansonsten muss ich ehrlich sagen, steuere ich die Obsbot Tail 2 lieber über die Smartphone-App als über die Fernsteuerung. In der Smartphone-App lässt sich die Geschwindigkeit des virtuellen Joysticks auf „Schildkröte“ einstellen (d. h. langsam). Meiner Meinung nach die einzig sinnvolle Stellung. „Hase“ (d. h. schnell) führt dazu, dass die Kamera viel zu schnell schwenkt. Die Geschwindigkeit der physikalischen Fernsteuerung kann man nicht einstellen (jedenfalls habe ich nichts dergleichen gefunden). Die ist sozusagen immer im „Hase-Modus“. Immerhin arbeitet die Geschwindigkeit abhängig von der Auslenkung des „echten“ Joysticks auf der Fernsteuerung. Mir zumindest fehlt jedoch völlig die nötige Feinmotorik, um mit dem kleinen Joystick die Kamera so zu steuern, dass der Zuschauer währenddessen ein erträgliches Bild geliefert bekommt.

Etwas schwer zu finden in der Smartphone-App sind übrigens die Einstellungsmöglichkeiten für die Aufnahmeparameter. Hierzu muss man die Aufnahmeschaltfläche lange gedrückt halten. Darauf muss man erst einmal kommen!

Ansonsten gibt es wirklich nur Positives zu berichten. Die Bildqualität der Kamera ist beeindruckend. Zur Ausgabe ans ATEM Mini Videoschaltpult reicht FullHD. Damit ist auch in maximaler Zoomstellung (Person in letzter Reihe) die Bildqualität tadellos. Schaut man sich die mitlaufende 4K-Aufzeichnung von der Speicherkarte an, sieht man natürlich einen Unterschied zwischen der Totalen (1x Zoom) oder dem Bereich, der noch mit dem optischen Zoom erreicht wird (5x Zoom) und dem Bereich, der dann nur noch mit Digitalzoom erreicht wird (mehr als 5x Zoom bis 12 x Zoom); dies aber auch nur unter kritischer 4K-Qualitätsbeurteilung. Sobald das Signal nur noch als FullHD benötigt wird und erst recht, wenn es für die Übertragung per Videokonferenz-Software genutzt wird, darf man den maximalen Zoombereich gerne ausreizen. Dank Dual-ISO ist die Bildqualität übrigens sowohl drinnen als auch draußen gut. Und für sehr wenig Licht kann man einen zusätzlichen Nachtmodus auswählen, der dann eine Rauschunterdrückung zuschaltet.

Der Autofokus funktioniert nahezu immer gut (d. h. schnell und präzise), solange man nicht zu weit hineinzoomt. Bei sehr starkem Digitalzoom (12x) kommt der Autofokus hingegen häufig an seine Grenzen und fährt dann, je nach Motiv, vor und zurück und findet öfter nur schwer die richtige Position. Offensichtlich arbeitet bei so starker digitaler Vergrößerung der Hybrid-Autofokus nicht mehr, sondern die Kamera nutzt dann nur noch Kontrastautofokus (mit den bekannten Nachteilen). Bleibt man im Bereich, in dem der ganze Bildsensor genutzt wird (bis zu 5x Zoom), funktioniert der Autofokus immer super.

Das automatische Tracking funktioniert sehr zuverlässig und lässt sich umfangreich konfigurieren und steuern, auch über Gesten. Die Möglichkeiten sind so vielfältig, das würde diesen Rahmen sprengen. Die Obsbot-Website zeigt anschaulich die verschiedenen Optionen.

Die Akkulaufzeit habe ich im Test nicht ausgereizt und auch nicht gemessen. Obsbot gibt die Laufzeit mit fast 6 Stunden bei kontinuierlicher 1080p30-Aufnahme an. Das erscheint einigermaßen glaubhaft, immerhin ist ein recht großer 38Wh-Akku im Sockel verbaut. Während der jeweils mehrstündigen Live-Veranstaltungen hatte ich einfach zusätzlich eine Powerbank mit 74 Wh angeschlossen, auch zur Stromversorgung der parallel laufenden Actioncam. In den jeweils über fünf Stunden wurde die Powerbank von den beiden Kameras zusammen gerade mal zur Hälfte leergesaugt. Der mobile Betrieb der Tail 2 ist also wirklich kein Problem.

Der Akku ist übrigens schneller wieder aufgeladen, als er sich leert – in 211 Minuten. Währenddessen läuft in der Kamera sogar deutlich hörbar ein Lüfter zur Kühlung des Akkus. Im normalen Betrieb merkt man von dem Lüfter nichts.

Obsbot-Ökosystem

Für die Tail 2 Live-Produktionskamera gibt es bei Obsbot mehrere Apps und interessantes Zubehör. Auch wenn die Kamera an sich auch standalone funktioniert, muss man sich darüber im Klaren sein, dass man mindestens eine der Obsbot-Apps benötigt, um die Kamera zu betreiben, auf jeden Fall aber, um sie zu konfigurieren.

Als grundlegende Apps zur Kamera dienen Obsbot Start für Smartphones und Obsbot Center für Desktop PCs. Mit beiden lassen sich die Obsbot Tail 2 und auch andere Obsbot-Kameras einrichten, einstellen und steuern, inklusive Gimbal. Das geht auch mit mehreren Kameras gleichzeitig – auf Multi-Kamera-Betrieb ist das System ausgelegt (das ist in dem Umfeld ganz normal). Natürlich kann man auf diese Weise auch die interne Aufzeichnung in der Kamera starten und stoppen. Das muss man sogar, denn eine Aufnahmetaste an der Kamera selbst gibt es nicht.

Noch einen Schritt weiter geht die Smartphone-App Obsbot Live. Die kann praktisch alles, was die Obsbot Start kann und bietet auch dieselben, schon vertrauten Registerkarten. Statt der Möglichkeit, die Aufzeichnung auf der Kamera zu starten, bietet die Obsbot Live App eine komplette Live-Produktionsumgebung im Smartphone, unter Einbeziehung weiterer Kameras einschließlich der im Smartphone eingebauten Kameras (Front/Rück). Dies schließt das Umschalten zwischen den Kameras ein, inklusive wählbarer Überblendungen und Bild-in-Bild- bzw. Split-Screen-Effekten. Das Ergebnis kann dann die Aufzeichnung lokal auf dem Smartphone sein oder ein Streaming, etwa zu YouTube oder Facebook. Das ist schon ziemlich cool. Alle Obsbot-Apps sind übrigens kostenlos und es gibt auch keine In-App-Käufe für Extra-Features.

Wem dabei eine einzige Tail 2 Kamera nicht reicht, kann mithilfe des neuen Obsbot Multi-Cam-Connectors (für 109 €) bis zu drei Kameras drahtlos mit dem Smartphone verbinden. Dabei wird dann nicht das Wi-Fi des Smartphones genutzt, sondern das eingebaute Wi-Fi 6 des Muli-Cam-Connectors. Dieser gibt die Streams dann per USB-C an das Smartphone (oder Tablet) weiter. Die Streams haben dabei übrigens 1080p30 mit 10 MBit/s. Eine durchgeschleifte Stromversorgung sorgt dafür, dass dem Smartphone nicht der Strom ausgeht.

Als weiteres Zubehör zur Obsbot Tail 2 gibt es die in diesem Test öfter erwähnte Fernbedienung, mit der nicht nur in der deutschen Übersetzung etwas sperrigen Bezeichnung Obsbot Tail Air intelligenter Fernbedienungs-Controller. Das Teil passt auch zur etwas günstigeren Tail Air Kamera (daher der Name) und kostet 89 Euro. Im Gegensatz zu den anderen Obsbot-Fernbedienungen verbindet sich dieser Controller direkt per Bluetooth mit der Kamera. Außer über den Joystick kann man den Gimbal auch mit Schwenkbewegungen der Fernsteuerung bewegen. Dazu ist ein Gyrosensor eingebaut. Ebenfalls eingebaut ist ein Laserpointer mit einer interessanten Zusatzfunktion: Wird dieser aktiviert, folgt die Kamera sofort dem roten Licht und zoomt auf die Stelle (im Test nicht ausprobiert).

  • Bild 360° Rotations-Play-More Set. <span>[Foto: Obsbot]</span>

    360° Rotations-Play-More Set. [Foto: Obsbot]

Der Drehbereich des Gimbals auf der Basis der Tail 2 beträgt fast 360 Grad, hat aber einen Anschlag. D. h. die Kamera kann in beide Richtungen nicht über diesen Anschlag hinausdrehen, weil innen natürlich Kabelverbindungen zur Kamera laufen. Wem dies nicht reicht, kann für vergleichsweise hohe 449 Euro das 360° Rotations-Play-More Set hinzukaufen. Auch dieses erschien ursprünglich als Zubehör der kleineren Tail Air Kamera, funktioniert aber auch mit der Tail 2. Die Herkunft von der Tail Air erklärt dann auch den Umstand, warum da von „Play More“ die Rede ist und warum das Ding überhaupt so groß und teuer ist. Wesentlicher Bestandteil des Sets sind nämlich zwei Akkus und ein spezielles Akkuladegerät dafür. Die Tail Air Kamera hat zwar auch einen eingebauten Akku, dieser hält aber maximal ca. 2,5 Stunden durch (im Gegensatz zu den mehr als 5 Stunden der Tail 2). Deshalb der Aufwand mit den Zusatzakkus, der natürlich den Preis sehr in die Höhe treibt.

Für die Tail 2 würde eigentlich der Drehteller vollkommen reichen. Auf diesem wird die Kamera montiert und bezieht ihren Strom dann über vorbereitete Steckkontakte auf der Kameraunterseite (sowohl die Tail Air als auch die Tail 2 haben solche Kontakte). Der Drehteller „ersetzt“ dann praktisch die Panorama-Drehung des kameraeigenen Gimbals und damit ist die Kamera dann tatsächlich in der Lage, „durchzudrehen“, also wirklich ohne Anschlag zu filmen, selbst wenn das Motiv, z. B. die Tänzerin, Eiskunstläuferin oder der Musiker, komplett um die Kamera herumläuft, ggf. auch mehrfach. Für Musikvideos, aber auch generell Film- oder Theateraufnahmen kann man damit spektakuläre Aufnahmen erzeugen, die anders kaum möglich sind (allenfalls noch mit einer 360-Grad-Panoramakamera mit anschließendem Reframing, dann aber nicht annähernd in dieser Qualität).

Ein weiteres wichtiges Zubehör zur Tail 2 ist das ND‑Filter‑Set, bestehend aus vier verschieden starken ND-Filtern und einem entsprechenden Gegengewicht, damit der Gimbal nicht aus dem Gleichgewicht kommt. Das Set kostet 179 Euro. Um die RJ45-Netzwerkschnittstelle mit dem professionellen NDI-Protokoll zu nutzen oder NDI über Wi-Fi, benötigt man für 109 Euro einen Lizenzschlüssel.

Die Obsbot Tail 2 kostet alleine 1.499 Euro. Alternativ gibt es sie auch jeweils mit Preisvorteil in verschiedenen Kits, z. B. mit NDI-Lizenzschlüssel und Fernsteuerung für 1.659 € oder gewissermaßen als Rundum-Sorglos-Paket mit Fernsteuerung, NDI, Lizenzschlüsseln, Drahtlos-Mikrofon, ND-Filter-Set und einem Traveller-Stativ für 2.029 Euro.

Fazit

Der Preis von rund 1.500 Euro siedelt die Obsbot Tail 2 klar im professionellen oder eventuell noch im semiprofessionellen Bereich an. Was man für diesen Betrag aber geboten bekommt, ist enorm. Die Tail 2 Live-Produktionskamera vereint eine Menge Schnittstellen, drahtlos und kabelgebunden, mit einer lokalen Aufzeichnung auf MicroSD-Karte. Dazu gibt es vollständige Fernbedienbarkeit und stundenlange Akkulaufzeit. Als technische Kamerabasis dienen ein recht großer Bildsensor und ein optisches 5-fach-Zoom. Aus beidem resultiert eine gute, praxisgerechte Bildqualität bis zu 4K. Obendrauf kommen dann noch die KI-Motivverfolgung und die gut bedienbaren, funktionsreichen Apps von Obsbot. Damit sind die Anwendungsmöglichkeiten beim Filmen äußerst vielfältig und der Preis für die gebotene Ausstattung günstig.

Vorteile

  • Gute Bildqualität, auch bei weniger Licht
  • Weiter Zoombereich: 5x optisch bis 12x mit Digitalzoom
  • Sehr viele Anschlüsse und Ausgabemöglichkeiten
  • Lange unabhängige Betriebszeit dank großem eingebauten Akku
  • Sehr leistungsfähige Motivverfolgung

Nachteile

  • Ruckartiges Starten und Stoppen beim Schwenken und Zoomen
  • Anfahren gespeicherter Positionen im Live-Betrieb zu schnell