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Bezüglich der Farbwiedergabe können wir übrigens nicht meckern. Dass normalerweise zwei grüne und nicht zwei gelbe Pixel pro Vierergruppe verwendet werden, hängt ja damit zusammen, dass in der Natur viel Grün vorkommt und man diese Farbe möglichst präzise und detailliert aufnehmen möchte. Huawei zeigt aber, dass dies offenbar auch mit gelben Farbfiltern gut funktioniert. Grüntöne werden jedenfalls nicht schlechter wiedergegeben als bei anderen Kameras mit normaler RGB-Farbfilter-Bestückung. Generell sind die Farben auch in der Standard-Einstellung schon etwas quietschig, also ziemlich kräftig. Bei Blumen beispielsweise, deren Blüten einen sanften Verlauf von Weiß nach Lila haben, ist auf den Fotos dann deutlich mehr Lila als in Wirklichkeit vorhanden. Die Farbwiedergabe entspricht etwa dem, was man normalerweise unter "Vivid Color" oder "Kräftige Farben" (oder "Velvia Film" bei Fujifilm-Systemkameras) einstellt. Ich stelle Kameras häufig so ein, weil mir kräftige Farben gefallen. Und so sieht Huawei das offenbar auch: Die Fotos sollen gefallen und nicht die Wirklichkeit naturgetreu wiedergeben.

  • Bild Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

    Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

  • Bild Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

    Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

  • Bild Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

    Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

  • Bild Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

    Huawei P30 Pro. [Foto: Huawei]

Dennoch gibt es in der App sehr prominent die Möglichkeit statt "Standard" auch "weichere Farben" und "kräftige Farben" auszuwählen. Was an "weichere Farben" weich sein soll, erschließt sich mit nicht. Beides sind brutale Filter, die den Kontrast stark heraufsetzen und richtige knallige Farben erzeugen – "kräftige Farben" noch mehr als "weiche Farben". Die Fotos sehen dann aber auch markant aus, wie durch einen Filter gedreht. Sowas macht man lieber nachträglich in der Bildbearbeitung.

Die dritte Kamera im Bunde ist die 8-Megapixel-Telekamera. Die unterscheidet sich bei beiden Geräten. Beim P30 Pro ist insofern sehr spannend, dass diese um 90 Grad gedreht im Inneren des Gehäuses liegt und durch ein Prisma nach draußen schaut, praktisch so wie ein Periskop im U-Boot. So ähnlich arbeiten auch die innenliegenden Objektive in Outdoor-Kameras, mit einem entscheidenden Unterschied: Bei den Outdoor-Kameras ist ein Sensor für alle Brennweiten zuständig und innerhalb der Kamera befindet sich ein optisches Zoom mit beweglichen Linsengruppen. Beim Huawei P30 Pro ist es ein Festbrennweiten-Objektiv mit 125 mm Kleinbild-äquivalenter Brennweite. Das ist deutlich mehr, als wir von bislang üblichen "Tele-Kameras" in Smartphones kennen, die meist eher im Bereich der sogenannten Normal-Brennweiten liegen (50 mm Kleinbildbrennweite). Die Lichtstärke beträgt F3,4 – nur oder immerhin, je nachdem wie man das sehen mag. Das ist für die Brennweite in der Bauweise gar nicht schlecht und eben nur durch die feste Brennweite machbar (die Outdoor-Kameras mit Zoom bieten in Telestellung weitaus schlechtere Lichtstärken).

Dennoch führen der kleine Sensor und die nicht optimale Lichtstärke dazu, dass die Telekamera praktisch immer an ihrer Grenze arbeitet. Schon ISO-100-Aufnahmen sind nicht besonders detailliert und im Grunde weit davon entfernt, tatsächlich 8 Megapixel Bildinformation zu enthalten. Anders gesagt: zwischen den 10-Megapixel-Fotos der 27mm-Hauptkamera und den 8-Megapixel-Fotos der 125mm-Telekamera liegen Welten! Sobald das Licht ein wenig schlechter wird, muss die F3,4-Telekamera die ISO-Zahl hochdrehen und dann gehen immer mehr Details verloren. ISO 200 geht grade noch. Bei ISO 400 werden bei unseren Barbie-Puppen im Testaufbau die Haare schon nicht mehr aufgelöst. 

Zugute halten muss man der Telekamera, dass 125 mm wirklich schon "echtes Tele" ist, d. h. damit zoomt man wirklich weit ran. Darüber bietet die App noch eine 10x-Zoom-Stellung und man kann sogar bis 50x-Zoom digital ins Bild reinzoomen. Das sieht auf dem Smartphone-Display auch alles ganz spektakulär aus und ist quasi als Fernglas auch ganz nett (davon abgesehen, dass man bei solchen Zoomfaktoren das Smartphone gar nicht still genug halten kann). Der Hinweis der App, das Smartphone still zu halten, weil das Bild "schärfergestellt" würde, ist eher amüsant, denn obwohl der Bildstabilisator der Kamera sein bestes gibt, ist es schon bei 5-fach-Zoom praktisch unmöglich, den Bildausschnitt über einen längeren Zeitraum annähernd unverändert zu lassen. So sind die Bildergebnisse der größeren Brennweiten in der Praxis auch recht schwer vorherzusagen. Die üblicheren 3-fach-Telekameras  sind diesbezüglich tatsächlich "pflegeleichter", weil nicht so extrem.

  • Bild Die Kamera-App des Huawei P30 Pro gehört, wie schon bei den Vorgängermodellen, zu den besten Kamera-Apps am Markt. Sie ist übersichtlich und bietet viele Einstellungsmöglickeiten im Pro-Modus. Hier im Bild ist der einfachere Standard-Foto-Modus. [Foto: MediaNord]

    Die Kamera-App des Huawei P30 Pro gehört, wie schon bei den Vorgängermodellen, zu den besten Kamera-Apps am Markt. Sie ist übersichtlich und bietet viele Einstellungsmöglickeiten im Pro-Modus. Hier im Bild ist der einfachere Standard-Foto-Modus. [Foto: MediaNord]

  • Bild Der Pro-Modus der Huawei P30 Kamera-App bietet eine Wasserwaage und viele Aufnahmeparameter werden angezeigt und können manuell vorgegeben werden. [Foto: MediaNord]

    Der Pro-Modus der Huawei P30 Kamera-App bietet eine Wasserwaage und viele Aufnahmeparameter werden angezeigt und können manuell vorgegeben werden. [Foto: MediaNord]

  • Bild Die Kamera-App des Huawei P30 Pro bietet zahlreiche Modi für diverse Spezialanwendungen, darunter auch Zeitraffer oder Unterwasseraufnahmen. [Foto: MediaNord]

    Die Kamera-App des Huawei P30 Pro bietet zahlreiche Modi für diverse Spezialanwendungen, darunter auch Zeitraffer oder Unterwasseraufnahmen. [Foto: MediaNord]

  • Bild Kamera-App des Huawei P30 Pro: Viele Einstellungen gelten gleichermaßen für den normalen Foto-Modus und auch für den Pro-Modus, in dem man viele Aufnahmeparameter einstellen kann. [Foto: MediaNord]

    Kamera-App des Huawei P30 Pro: Viele Einstellungen gelten gleichermaßen für den normalen Foto-Modus und auch für den Pro-Modus, in dem man viele Aufnahmeparameter einstellen kann. [Foto: MediaNord]

  • Bild Die 40 Megapixel stehen beim Huawei P30 Pro auch im normalen Foto-Modus zur Verfügung. Nur das Raw-Format (DNG-Dateien) ist dem Pro-Modus vorbehalten.. [Foto: MediaNord]

    Die 40 Megapixel stehen beim Huawei P30 Pro auch im normalen Foto-Modus zur Verfügung. Nur das Raw-Format (DNG-Dateien) ist dem Pro-Modus vorbehalten.. [Foto: MediaNord]

Und eine solche 3-fach-Zoom-Telekamera mit 81 mm Brennweite hat das Huawei P30 (ohne "Pro). Die ist dafür mit F2,4 erheblich lichtstärker, was uns gut gefällt. Der 8-Megapixel-Sensor ist derselbe und im Großen und Ganzen gelten auch die in den beiden vorherigen Absätzen genannten Eigenschaften. Aber durch die bessere Lichtstärke fährt die Kamera nicht ganz so schnell die ISO-Zahl hoch und 81 mm Kleinbildbrennweite lässt sich auch viel besser ruhig halten, sodass die Optimierungsmaßnahmen der App besser greifen können. An Ende finden wir die 3x-Zoom-Telekamera des P30 viel praxisgerechter als die aufwändige 5x-Zoom-Periskop-Kamera des teureren P30 Pro, auch wenn dessen Telebrennweite natürlich "spektakulärer" ist.

Und dann ist da noch die Front-Kamera, also die Selfie-Kamera, die im Display in einem Ausschnitt ("Notch") eingebaut ist. Die Notch lässt sich, wie schon beim Vorgängermodell P20 Pro, übrigens optisch unsichtbar machen, das gefällt mir sehr gut. Der obere Balken wird einfach schwarz ausgefüllt, steht aber natürlich dennoch für Anzeigen zur Verfügung, die man auf schwarzem Hintergrund meist auch viel besser lesen kann als auf einem farbigen und unruhigen Hintergrund. Definitiv meine bevorzugte Einstellung!

Die Selfie-Kamera beider Modelle ist völlig verrückt! 32 Megapixel aus einem wirklich winzigen Sensor! Und das kann man nicht einmal auf z. B. 8 Megapixel heruntergerechnet speichern, sondern die Standard-Einstellung sind wirklich 32-Megapixel-Fotos. Die haben gerade mal 4 MByte und da sind auch nicht wirklich 32 Megapixel drin. Details fehlen in der 100%-Ansicht völlig. Haut ist glattgebügelt, Haare werden kaum aufgelöst. Auf dem Smartphone-Display sieht das komplette Foto erstmal gut aus, aber reinzoomen darf man wirklich nicht. Insofern erschließt sich mir der Vorteil der exorbitant hohen Sensor-Auflösung überhaupt nicht. Die Brennweite ist mit 26 mm übrigens noch moderat, eine sinnvolle, praxisgerechte Brennweite (und kein unansehnliches Ultraweitwinkel wie beim OnePlus 7 Pro). Nur hätte ein normaler 12-Megapixel-Sensor oder der 16-Megapixel-Sensor der rückseitigen Ultraweitwinkel-Kamera hier weitaus bessere Dienste geleistet. 

Fazit

Die 32-Megapixel-Selfie-Kamera lässt uns etwas ratlos zurück. Die Telekamera des Huawei P30 Pro mit ihrer 125mm-Brennweite und ihrem durch die Periskop-Technik lichtschwache Optik bietet zwar "echtes Tele", erscheint uns in der Praxis aber eher weniger nützlich als die Telekamera des günstigeren P30 "non Pro", das zwar weniger Tele, dafür aber eine höhere Lichtstärke hat. Die Highlights des Huawei P30 und P30 Pro sind zweifellos die 20-Megapixel-Ultraweitwinkel-Kamera und die 40-Megapixel-Hauptkamera. Die Ultraweitwinkelkamera ist zu sehr "knackscharf" abgestimmt und die Bildqualität fällt zu den Bildrändern ziemlich ab. Insgesamt lässt sich damit aber gut arbeiten und spektakuläre Ultraweitwinkelaufnahmen schießen. Im Gegensatz zu den Ultraweitwinkel-Aufnahmen sind die Fotos der Hauptkamera kaum geschärft und technisch von sehr hoher Qualität, insbesondere die DNG-Rohdatei-Versionen. Egal ob als 10- oder 40-Megapixel-Version: Solange genug Licht vorhanden ist und die Kamera nicht die ISO-Zahl hochschrauben muss, sehen die Fotos der Hauptkamera großartig aus.

  • Bild Huawei P30. [Foto: Huawei]

    Huawei P30. [Foto: Huawei]

  • Bild Huawei P30. [Foto: Huawei]

    Huawei P30. [Foto: Huawei]

  • Bild Huawei P30. [Foto: Huawei]

    Huawei P30. [Foto: Huawei]

  • Bild Huawei P30. [Foto: Huawei]

    Huawei P30. [Foto: Huawei]

Vorteile

  • recht gute, praxisgerechte Ultraweitwinkel-Kamera
  • sehr gute Hauptkamera mit bis zu 40 Megapixel in erstaunlicher Qualität
  • nur P30: eines der wenigen aktuellen Top-Smartphones mit 3,5mm-Kopfhörerbuchse
  • sehr gute Displays

Nachteile

  • mäßige Telekamera; die 3x-Version beim P30 ist praxistauglicher als die 5x-Version des P30 Pro
  • fragwürdige Selfie-Kamera mit viel zu hoher nominaler Auflösung
  • nur P30 Pro: keine Kopfhörerbuchse